Ohne Ärger über den Zoll

Was Sie beim Bootskauf oder Charter beachten müssen!

01.01.2010 von IBN

Europaweit genießen wir inzwischen die Vorteile des freien Handels im riesigen EU-Binnenmarkt: In Frankreich können wir ohne Freimengengrenzen Wein einkaufen, uns auf der Italienreise bedenkenlos und ohne Zölle mit der neuesten Mode versorgen oder ebenso problemlos Waren mit nach Österreich nehmen.

Auch auf dem Bodensee schätzen wir Wassersportler die „grenzenlose“ Freiheit, denn auf dem Bodensee gibt es praktisch keine Grenze (Kondominium): Das Anlegen mit dem Boot wurde in allen Anrainerländern vor einigen Jahren bereits stark erleichtert, so dass das sonst übliche Einklarieren entfällt. Lediglich gültige Ausweispapiere müssen beim Grenzübertritt in der Tasche sein.

Einfacher Grenzverkehr

Doch keine sichtbare Grenze in Form eines Schlagbaums bedeutet noch lange nicht grenzenloser Warenverkehr. Die Freiheiten enden nämlich jäh an den EU-Außengrenzen, wenn wir uns bei den Eidgenossen auf der anderen Seeseite versorgen wollen und umgekehrt. Zwar wurden auch zwischen der Schweiz und der EU Handelserleichterungen geschaffen, doch es gelten andere, schärfere Regeln als innerhalb der EU.

Die IBN hat es sich daher zusammen mit dem Zoll Friedrichshafen zur Aufgabe gemacht, einmal zu durchforsten, was es für die Wassersportler zu beachten gilt. Dabei geht es nicht um das Päckchen Zigaretten oder den Schoki- und Nudeleinkauf bei Migros/COOP. Denn dass jeder die üblichen Regelungen hinsichtlich Abgaben und Freimengen im Rahmen der Reise kennt, davon gehen wir aus (sonst kann man das im Bodensee-Jahrbuch nachlesen).

Es geht um die größeren Transaktionen, nämlich darum, was zu beachten ist, wenn man ein Boot in der Schweiz kauft, repariert oder in das Schweizer Winterlager bringen will und wieder zurück oder Ausrüstungsgegenstände in der Schweiz kauft.

Nicht alle Abgaben sind Zölle

Gleich vorneweg, das ist problemlos möglich, wenn man den Zoll einschaltet und dort seinen „Zoll“ entrichtet. Doch zunächst: Was der Volksmund alles als „Zoll“ in einen Topf wirft, muss im Grenzverkehr differenziert betrachtet werden. Denn der Zollfachmann unterscheidet zwischen Zöllen und Einfuhrumsatzsteuer. Fragen Sie einen Zöllner, ob auf eine Ware „Zoll“ fällig ist, dann wird er vielleicht richtigerweise antworten: „Nein“, was aber für ihn nicht heißt, dass die Ware abgabenfrei ist. Den zollrechtlich Unbedarften kann diese Aussage dazu verleiten, eine Ware nicht richtig zu deklarieren. Wird er dann erwischt, kann diese Unkenntnis teuer werden, denn wie immer gilt, dass Unwissenheit nicht vor Strafe schützt. Das zeigen einige Fälle, in die Wassersportler und IBN-Leser in den letzten Jahren aus Unkenntnis geschlittert sind. Kommt eine Ware aus der Schweiz, dann können dafür Zölle fällig sein, müssen aber nicht. Fällig ist auf jeden Fall immer die Einfuhrumsatzsteuer und zwar auf den Nettowarenwert
(also den Preis ohne die Schweizer Mehrwertsteuer).

Zölle sind dann fällig, wenn die Ware, die in der Schweiz gekauft werden soll, aus einem Drittland, sprich nicht der EU oder der Schweiz selber kommt. Denn mit der Schweiz hat die EU wie mit vielen anderen Ländern ein Präferenzabkommen, so dass keine Zölle auf Waren aus diesen Ländern fällig sind. Das ist eine der Erleichterungen, die vorher bereits angesprochen wurden. Kommt die Ware dagegen z. B. aus den USA, ist zur Einfuhrumsatzsteuer auch noch der „Zoll“ fällig.

Einige Beispiele für den Ablauf

Zur Verdeutlichung einige Beispiele:

1. Fall: Sie kaufen ein neues Boot in der Schweiz. Im Normalfall wird die Werft die Grenzformalitäten für den Kunden abwickeln. Will man die Verzollung selber machen, muss man Folgendes wissen: Ist das Boot (z. B. ein Motorboot von Boesch, ein Segelboot von Wirz usw.) in der Schweiz hergestellt, was die Werft mit einem Präferenznachweis (Warenverkehrsbescheinigung EUR.1) belegen muss, dann ist nur die Einfuhrumsatzsteuer (in der Höhe des gesetzlichen Mehrwertsteuersatzes, in Deutschland 16 Prozent) fällig. Ist das Boot, das der Käufer in der Schweiz kaufen will aus EU-Produktion (also z. B. ein Segelboot von Dehler, ein Motorboot von Rio aus Italien usw.), was die Werft wieder mit einem Präferenznachweis (diesmal von der deutschen oder italienischen Werft) nachweisen muss, dann ist beim Kauf ebenfalls nur die Einfuhrumsatzsteuer beim Zollamt zu bezahlen.

Kommt das Boot dagegen aus amerikanischer Produktion oder einem anderen Land, mit dem die EU kein Präferenzabkommen hat, dann ist sowohl Zoll als auch die Einfuhrumsatzsteuer zu entrichten. Der Zoll beträgt bei Booten 1,7 Prozent des Wertes, kann aber bei anderen Dingen wesentlich höher sein, z. B. bei einem Segel aus Drittlandproduktion, das Sie in der Schweiz kaufen. Will der Käufer die Verzollung selbst abwickeln, braucht er dazu vom Händler die Rechnung oder den Kaufvertrag und eine Warenverkehrsbescheinigung (eventuell reicht auch eine Ursprungserklärung des Herstellers auf der Rechnung), wenn die Ware aus Schweizer Produktion stammt. Das gleiche Prozedere gilt auch, wenn der Käufer vom Händler ein gebrauchtes Boot kauft. 

2. Fall: Der Kauf von privat zu privat unterscheidet sich ebenfalls nicht von der oben beschriebenen Vorgehensweise. Der Käufer aus der EU spart sich den Zoll allerdings nur dann (die 1,7 Prozent), wenn der Schweizer Verkäufer wieder eine Präferenzbescheinigung mitliefern kann. Die muss er sich eventuell in Form der Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 bei seiner Schweizer Werft, wo er das Boot einmal gekauft hat, besorgen. Ein Boot gilt nicht mehr als präferenzberechtigt, wenn z. B. in die englische Sealine statt des Volvo Pentas ein amerikanischer OMC Innenborder eingebaut wurde. Gelingt dem Schweizer Verkäufer der Präferenznachweis nicht, z. B. weil das Boot bereits durch fünf Hände ging oder der Importeur oder die Werft seit Jahren nicht mehr existieren, dann greift eventuell die sogenannte Gebrauchtwarenregelung.

Die besagt, dass der Schweizer(!) Zoll auch durch Augenschein feststellen kann, welches das Ursprungsland ist – z. B. durch ein Typenschild, Messbrief oder Ähnliches. Dann ist es ebenfalls möglich, sich eine Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 ausstellen zu lassen. Das gilt für alle Gebrauchtboote ab ca. 10 Jahren. Der Wert des Bootes, der im Kaufvertrag angegeben wird, wenn es über die Grenze geht, sollte in jedem Fall realistisch sein, denn der Käufer muss davon ausgehen, dass ein Zöllner in Bregenz oder Friedrichshafen ebenfalls Wassersportler ist und weiß, dass eine fünf Jahre alte Hallberg-Rassy nicht für 50 000 Mark zu haben ist. Ansonsten wird vom Zoll auf spezielle Listen zurückgegriffen. Hat das gebrauchte Boot, z. B. aus deutscher Produktion, bereits einmal durch Verkauf die Grenze gewechselt, dann kann der gewerbliche Verkäufer eventuell die „Rückwareneigenschaften“ eines Bootes nachweisen, so dass Zoll oder Einfuhrumsatzsteuer für ihn nicht fällig werden. Beim Verkauf von privat zu privat ist das nicht möglich, weil keine amtlichen Bestätigungen über die Ausfuhr des Bootes vorhanden sind, so dass keine „Rückwareneigenschaften“ mehr geltend gemacht werden können. Wenn ein Privatmann aus Italien ein gebrauchtes Boot an einen Schweizer verkauft und dieser das Boot eventuell dann weiter an einen Österreicher oder Deutschen, dann ist jedes Mal Warenumsatzsteuer fällig und wenn kein Präferenznachweis möglich ist auch Zoll.

3. Fall:
 Das Boot kommt ins Winterlager in die Schweiz. Das ist ohne Probleme möglich. Dazu muss das Boot allerdings beim zuständigen Zollamt in Konstanz oder Friedrichshafen vorgeführt werden. Der Zoll stellt dann ein Auskunftsblatt INF 3 aus, das die „Rückwareneigenschaften“ des Bootes feststellt. Dann darf an dem Boot im Schweizer Winterlager allerdings nichts verändert werden. Wird das Unterwasserschiff gestrichen, in der Werft ein neues Log eingebaut oder Wartungsarbeiten durchgeführt, dann spricht der Zoll von einer „Veredelung“, die vorher vom Zoll durch ein entsprechendes Papier genehmigt werden muss. Ein ganz heikler Fall Achtung – wird das nicht gemacht, wird das richtig teuer, denn dann verlangt der Zoll nicht nur die Einfuhrumsatzsteuer auf die „Veredelung“, sondern in jedem Fall zusätzlich noch Zoll auf das ganze Boot. Bei einer X-Yacht im Wert von 150 000 Mark, an der für 10 000 Mark ein Teakdeck verlegt wurde, sind das dann rund 2700 Mark Zoll und 26 000 Mark Einfuhrumsatzsteuer. Wer sich keine Veredelung genehmigen lässt und beim Schmuggel seines veredelten Bootes vom Zoll erwischt wird, erhält grundsätzlich keine Präferenzgewährung, da die sogenannte „Nämlichkeit“ des Bootes zum Zeitpunkt der Ausfuhr zur Veredelung in die Schweiz, als auch bei der Wiedereinfuhr durch einen Zöllner nicht festgestellt werden konnte.

Wird die „Veredelung“ an einem amerikanischen Boot durchgeführt, ist neben der Einfuhrumsatzsteuer auch noch Zoll fällig. Die 1000 Franken für das Winterlager sind übrigens zollfrei. Kommt das Boot aus dem Winterlager, muss es wieder beim Zoll vorgeführt werden – und zwar umgehend bei der ersten Einreise in die EU. 4. Fall: Das Boot hat eine Panne in der Schweiz. Weil der Motor kurz vor dem Romanshorner Hafen streikt, wird es dort in den Hafen geschleppt und repariert. Dann gilt dies als ein Schaden, der im Rahmen einer Reise entstanden ist. Die Reparatur solcher Schäden wird nicht als abgabenpflichtige „Veredelung“ gewertet und ist deshalb frei. Entsprechende Nachweise sind selbstverständlich zu erbringen. Ruft ein deutscher Eigner eine Schweizer Werft an und lässt sich einen Termin geben, um eine Reparatur an dem Boot in der Schweiz durchführen zu lassen und das Boot wird dazu in die Schweiz geschleppt, dann gilt diese Ausbesserung nicht als im Rahmen der Reise gemacht, sondern als abgabenpflichtige „Veredelung“. Beim Zoll muss sich der Bootseigner dafür einen sogenannten „Ausbesserungsschein“ besorgen. Liegeplatz in der Schweiz. Wenn ein EU-Bürger den Liegeplatz und die Zulassung in der Schweiz hat? Dann muss der Eigner auf jeden Fall zuerst zum deutschen Zoll und sich den Aufenthalt genehmigen lassen. Dahinter steht die EU-Gesetzgebung und das Schengener Abkommen.

Gleich verhält es sich, wenn das Schweizer Boot an einen EU-Ansässigen verchartert wird. Hier muss bei der Einreise in die EU die sogenannte „vorübergehende Verwendung“ förmlich beantragt werden. Schnell mal nach Langenargen zum Kaffee trinken ist also nicht, jedenfalls nicht ohne den Umweg über den Zoll in Friedrichshafen. Sonst kann es passieren, dass einem der Zoll und die Einfuhrumsatzsteuer abverlangt werden. Besonderheit am Rande: Wenn ein Schweizer Staatsbürger ein Boot in der Schweiz chartert und ein EU-Ansässiger sich an Bord befindet und sich sogar an den Charterkosten beteiligt, so ist das zulässig. Der umgekehrte Fall dagegen stellt kein Problem dar, weil die Verwendung des Bootes für Nicht-EU-Ansässige in der EU allgemein genehmigt ist. Will ein Eigner mit Schweizer Zulassung sein Boot in der EU jedoch ins Winterlager bringen, muss er sich diese Lagerung vom Zoll in Form der „vorübergehenden Verwendung“ genehmigen lassen.

Wer in einem speziellen Fall Fragen hat, wendet sich entweder an den Abfertigungs- oder den Zollamtsleiter z. B. in Friedrichshafen, Konstanz oder Bregenz. Beide sind berechtigt, kompetente Auskunft zu geben.

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