Schienen für Großsegel und Fock

01.01.2010 von IBN

Wenn Mäxchen in seinem Opti sitzt, hat er eine Großschot, deren Block im Rumpf festgeschraubt ist. Er kann sie fieren und dichtholen und ist damit ganz zufrieden. Doch irgendwann wird aus Mäxchen ein Max und aus dem Opti eine Acht-Meter-Segelyacht. Max kann wieder die Großschot fieren und dichtholen, aber das allein wird ihn nicht mehr zufrieden machen. Mit Hilfe von Traveller-Systemen läßt sich der Feintrimm der Großschot bestimmen und die Geschwindigkeit des Bootes optimieren.Genauso verhält es sich mit Genua- bzw. Fockschienen.

Wer also ein bißchen mehr als nur gemütlich geradeaus segeln möchte, wird auf einen Traveller an der Großschot nicht verzichten wollen. Worin aber liegen seine Vorteile genau? Mit der Großschot kann man den Schotzug beeinflussen, mit Hilfe des Travellers kann man zudem den Anstellwinkel bestimmen, also wo das geschieht. Warum das so wichtig ist? Der scheinbare Wind wird, durch die Reibung auf dem Wasser in der Höhe, also im Masttopp mit höherer Geschwindigkeit ankommen, als am Großbaum. Zudem verändert sich der Einfallswinkel des scheinbaren Windes im Topp, denn der scheinbare Wind ist das Resultat aus wahrem Wind und Fahrtwind. Und da der Vektor des wahren Windes im Topp größer ist, verändert sich der Einfallswinkel.

Um nun eine optimale Nutzung des Großsegels zu erreichen, benötigt es eine gewisse Verwindung (Twist). Je nachdem, ob das Achterliek offen oder geschlossen gefahren wird, erreicht man mehr Höhe (geschlossenes Achterliek) oder mehr Geschwindigkeit (offenes Achterliek). Und da es beim sportlichen Segeln auf beides ankommt, gilt es, hier ein optimales Zusammenspiel zu finden. Dabei unterstützt der Traveller die anderen Trimmvorrichtungen wie Großschot und Mastbiegung. Schotzug und Anstellwinkel sind ebenso beim Vorsegel interessant. Mit Hilfe von Schienen, die längs zum Boot verlaufen, lassen sich die Holepunkte von Genua und Fock verändern. Beispiel: Zieht man den Fock/Genua- Holepunkt nach vorne, schließt man damit das Achterliek und das Segel wird voller. Läßt man den Schlitten in Böen nach hinten fahren, öffnet man das Achterliek und nimmt Druck aus dem Segel. Folglich wird der Anstellwinkel flacher.Genuaschienen sind aber nicht nur für Trimm-Fanatiker interessant.

Fahrtensegler verwenden einstellbare Genuarutscher, wenn sie mit einer Rollreff-Anlage ausgerüstet sind. Wird das Vorsegel gerefft, muß der Schotholepunkt nach vorne gefahren werden. Nun ist aber nicht Schiene gleich Schiene, und auch bei den Travellern gibt es verschiedene Systeme, die für die unterschiedlichen Schiffstypen oder Wünsche des Eigners konzipiert worden sind. Die gebräuchlichsten darunter sollen im folgenden vorgestellt werden.Systeme für Genua und FockBeginnen wir mit Genuaschienen.

Die einfachste aller Formen ist eine Schiene mit einem Schlitten, der von Hand in die richtige Position verstellt wird. Mittels einem kleine Stift zum Einrasten kann der Schlitten am idealen Holepunkt fixiert werden. Wer sein Vorsegel gerne einfach und manuell bedient, ist mit diesem System sicher gut bedient. Wer sich ein bißchen mehr Komfort verschaffen möchte, verwendet auf dem Deck einen Schlitten ohne Stifte zum Einrasten, dafür aber mit einer im Verhältnis 2:1 (bzw. je nach Bootstyp auch größer) übersetzten Talje. Die Zugleine wird so gelenkt, daß sie vom Cockpit aus bedient werden kann, zudem steigert die Übersetzung noch den Bedienkomfort. Doch diese beiden, verhältnismäßig einfachen Systeme haben den Nachteil, daß die Schlitten nicht kugelgelagert sind und bei schweren Lasten nicht mehr leicht laufen. Besser läuft der Schlitten in jedem Fall, wenn er kugelgelagert ist.Die Möglichkeiten der Systeme sind hier aber noch bei weitem nicht ausgereizt. Angenommen, Sie fahren bei wenig Wind eine Genua I und bei viel Wind eine Genua II. Auch hier gibt es eine gute Lösung für die Situation an Bord: Zwei Schlitten sind jeweils auf einer langen Schiene montiert. Dies ermöglicht ein optimales Einstellen auf den Segelwechsel: Auf dem vorderen Schlitten wird die kleinere Genua II gefahren, auf dem hinteren die Genua I.

Die Schlitten sind durch ein Drahtseil miteinander verbunden und werden mittels einer Talje ins Cockpit umgelenkt. Möglich ist es auch, ein solches System auf zwei getrennten, entsprechend kürzeren Schienen zu montieren. Wenn sie öfters die Vorsegel wechseln, und sich aber keine zwei kugelgelagerten Schlitten gönnen möchten, können sie auch das kleinere Vorsegel über eine manuell verstellbare Schiene laufen lassen, denn es gilt: Je kleiner das Vorsegel, desto weniger muß man die Holepunkte verstellen.Nun gibt es aber Regatta-Freaks, die ihr Vorsegel nicht nur nach hinten und nach vorne, sondern auch seitlich sowie nach oben und nach unten verstellen wollen. Auch hier gibt es elegante Lösungen. : Zwei Schienen sind parallel zueinander montiert, auf beiden läuft ein Schlitten, so daß die Schot außen oder innen gefahren werden kann. Das System ist besonders dann geeignet, wenn unter vielen verschiedenen Bedingungen gesegelt wird: Bei hohem Seegang schotet man außen, in flachem Wasser innen. Die Schlitten sind mit einem Drahtgeschirr verbunden, so daß eine einzige Talje als Kontrolleine beide Schlitten bedient.

Für Boote bis zur Größe von etwa zwölf Metern eignet sich das einfache Querschienensystem, das, wie sein Name schon sagt, quer vom Boot angebracht wird. Die Verstellung läuft über eine (mindestens!) 2:1-Übersetzung, die auf dem Schlitten und zu einer Klemme im Cockpit geht. Mit Hilfe von Schot G wird der Holepunkt nach außen oder nach innen verändert. Mittels Schot B wird der Holepunkt jetzt zusätzlich nach oben und nach unten verändert. Wie das geht? Zieht man an Schot B, ziehen sich die Blöcke A und D zusammen, der Genuaholepunkt steht tiefer. Fiert man nun Schot B, gehen die Blöcke A und D wieder auseinander, der Holepunkt ist höher, das Achterliek der Genua wird offener.Traveller für die GroßschotUnd worauf kommt es nun bei einem guten Traveller-System an? Es sollte groß genug übersetzt sein, um den Schlitten auch unter hoher Last leicht bewegen zu können. Allerdings darf man es auch hier bei einer Übersetzung nicht übertreiben – bei einem Verhältnis 6:1 sollte Schluß sein, sonst wirkt sich der Schotwiderstand durch die Umlenkung zu negativ aus.

Auf Booten mit normaler Größe ist dies auch kein Problem: Bei einer Jolle (z. B. FD) reicht ein Verhältnis 2:1, bei einer 10-Meter-Yachtz. B. Asso 99) reicht die Übersetzung von 4:1 leicht aus. Für das Segel ist der Grad der Übersetzung ohnehin egal, hier geht es lediglich um Bedienkomfort! Eine sehr einfache Variante ist das Traveller-System bei dem eine Schiene auf dem Deck montiert und zwei Augbügel für die Enden der Travellerschoten auf das Deck geschraubt werden. Durch Lösen der jeweiligen Klemme, die auf dem Traveller angebracht ist, kann der Schlitten nach Luv oder Lee bewegt werden. Eine Stufe höher stehen Automatik-Traveller, die sich in einem wesentlichen Punkt vom System 1 unterscheiden. Stellen Sie sich vor, Sie segeln bei leichtem Wind, das Segel wird im Achterliek locker gefahren, die Großschot ist nicht sehr dicht und Sie haben den Traveller etwa 10 bis 15 Zentimeter nach Luv gestellt. Wenn Sie jetzt wenden wollen, müssen Sie die Klemme im neuen Lee öffnen, sonst stimmt die Einstellung des Großsegels plötzlich nicht mehr. Automatik-Traveller haben den Vorteil, daß sie die Leeklemme automatisch öffnen, sobald der Großbaum in die andere Richtung geht.

Doch auch mit dem Automatik-Traveller ist das Ende des Bedienkomforts noch nicht erreicht. Schießlich ist nicht nur interessant, wie Sie den Traveller bedienen, sondern auch, wo sie dies tun. Bei kleineren Booten wird die Kontrolleine meistens so umgelenkt, daß sie vom Steuermann bedient werden kann, während auf größeren Yachten der Großschottrimmer den besten Zugang haben sollte. So gibt es auch bei der Umlenkung verschiedene Möglichkeiten: Die einfache 2:1-Talje wird vom Traveller weg an einen Platz, wo die Bedienmöglichkeit am besten ist, umgelenkt. Eine andere Lösung: Wird der Traveller am vorderen Ende des Schiebeluks angebracht, ist es praktisch, die Klemmen am hinteren Ende der Kajüte zu montieren, damit sich die Crew nicht über die Kajüte lehnen muß, um den Traveller zu bedienen.

Die Übersetzung ist hier im übrigen im Verhältnis 4:1. Eine weiteres System mit 4:1-Übersetzung ist gedacht für Boote, in denen die Crew außerhalb des Cockpits sitzt. Die Kontrolleinen werden in diesem Falle nach oben umgelenkt.Um bei der Anschaffung eines Travellers die richtige Wahl zu treffen, müssen Sie sich drei Dinge vorher überlegen. Systemlogik – wie und wo und in welcher Übersetzung soll die Montage stattfinden? Welches Produkt eignet sich – kugelgelagerter Schlitten oder ein einfacher Rutscher (Traveller sollten heute immer kugelgelagert sein). Und die Dimensionierung, also welche Last müssen Traveller bzw. Genuaschiene aufnehmen.

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