Traditionelle Seemannschaft soll offiziell Kulturerbe werden
Bremerhaven, 02.12.2021 von IBN
Wie die S.T.A.G in einer Pressemitteilung erklärt, drohe nach dem Ende der kommerziellen Segelschifffahrt im 20. Jahrhundert und dem „Aussterben“ der ehemaligen Besatzungsmitglieder nun auch das in Jahrtausenden erworbene handwerkliche Können und Wissen für immer verloren zu gehen. Ausbildung unter Segeln finde heute nur noch auf militärischen Segelschulschiffen statt. Nur Russland und Dänemark unterhielten noch Segelschulschiffe um den Nachwuchs der Handelsschifffahrt bzw. Fischerei während relativ kurzer Törns an das Leben auf See zu gewöhnen.
Es sei nicht nur der drohende Verlust an manuellen Fähigkeiten. Auch die Erfahrungen durch die psychischen Belastungen der Arbeit an Bord, ohne Chance nach Feierabend nach Hause gehen zu können, sowie sich durch die zwingend notwendige Arbeit im Team – Tag und Nacht – und die daraus ergebenden sozialen Verhaltensweisen würden in den wenigen verbleibenden Jahren mit Sicherheit verloren gehen, so die S.T.A.G.
Sie stellt die Frage, wer dann noch Ahnung habe, wie sich ein kleines Boot bei schwerer See verhalte und wer noch die Auswirkung von Strömung und Wind auch auf einem großen Frachterzu verlässig abschätzen oder zwei kurze Taue zuverlässig verspleißen, den richtigen Knoten anwenden, oder gar Segel sturmsicher befestigen könne. Nur wenn dieses Wissen und die Erfahrungen weitergegeben würden, sei maritime Geschichte verständlich und nachvollziehbar. Dies zu fördern habe sich die S.T.A.G. und die sie unterstützenden Organisationen zur Aufgabe gemacht.
Unter dem Begriff „Sail Training“ seien Ausbildungsprogramme entwickelt worden, um an Land die manuellen Kenntnisse vor allem an Jugendliche, aber auch an interessierte Erwachsene weiterzugeben. Später sollen diese Fähigkeiten unter den erschwerten Bedingungen an Bord angewandt werden, so dass am Ende eine Mannschaft entstehe, die in der Lage sei, unter Segeln Ozeane zu überqueren und selbst im Sturm ein Schiff sicher zu führen, sowie zuverlässig in Stand zu halten. Dazu gehören demnach auch die Kenntnisse der traditionellen Navigation ohne elektronische Hilfsmittel und nicht zuletzt, die traditionellen Arbeitslieder, die Shanties, in ihrer ursprünglichen Form und Zweck mit Leben zu erfüllen. Jenseits der allzu beliebten sog. Seemannschöre, so die S.T.A.G.
Bereits 2003 habe die Bundesrepublik Deutschland die „Barcelona Charter“ unterzeichnet und sich verpflichtet, maritimes Kulturgut zu erhalten und 2008 die „Rostock Declaration“ mit dem gleichen Ziel. Die S.T.A.G rechne daher damit, dass dem Antrag, der durch die Deutsche Marine, der German Sail Training Union (GSTU), den Tall Ship Friends Deutschland, der European Maritime Heritage (EMH) und dem „Deutschen Schiffahrtsmuseum – Leibniz Institut für maritime Geschichte“ unterstützt werde, auch stattgegeben und die „Traditionelle Seemannschaft“ in das „Bundesweite Register des immateriellen Kulturerbes“ aufgenommen werde.