Wird ein neuer Star geboren?
Am Sonntag wird die Weltmeisterschaft der Starboote eröffnet
Kiel, 03.09.2021 von IBN
Titelverteidiger Mateusz Kusznierewicz/Bruno Prada (Polen/Brasilien), der dreimalige Vizeweltmeister Diego Negri (Italien) mit Frithjof Kleen (Berlin), die amtierenden Europameister und zweifachen Olympia-Teilnehmer Enrico Chieffi/Ferdinando Colaninno (Italien) … die Liste der Favoriten bei der 99. Starboot-WM ist lang. Das Who is Who der Stare ist vom 4. bis 11. September vor Kiel am Start. Machen die Favoriten die Medaillenvergabe wie gewohnt und erwartet unter sich aus, oder wird vielleicht doch ein neuer Star geboren?
Mit der Eröffnung am Sonntag um 18.30 Uhr beginnt nach der Registrierung und dem Wiegen der Crews der offizielle Teil der WM, bevor am Montag nach dem Skippersmeeting um 13 Uhr das erste Startsignal ertönt. Sechs Rennen (täglich eine Wettfahrt) stehen auf dem Programm, bevor am Samstag, 11. September, die Medaillen vergeben werden.
„Unser Ziel muss es sein, Nachwuchs für die Klasse zu gewinnen“, definiert der Kieler Starboot-Flotten-Chef Helge Spehr die größte Herausforderung für das Zweimann-Kielboot, das bis 2012 olympisch war. „Hier engagieren wir uns, und das werden wir auch künftig tun müssen“, schlägt der Überlinger Starboot-Weltpräsident Hubert Merkelbach in dieselbe Kerbe. Wie die Klassenvereinigung (KV) mitteilt, kümmere sie sich nicht nur in Deutschland um den nötigen Nachwuchs und erhalte gerade Zulauf vor allem aus dem Finn, in dem einst auch der amtierende Star-Weltmeister und Titelverteidiger Mateusz Kusznierewicz olympische Medaillen und Kieler-Woche-Siege hamsterte.
Bei den Finn-Seglern falle das Engagement der Starboot-Flotte auf fruchtbaren Boden, so die KV. Nach dem olympischen Aus der Einmann-Jolle suchen demnach die schweren Männer nach Alternativen. Unter ihnen der Berliner Phillip Kasüske. Der Grinder der „Einstein“ (Imoca des Offshore Team Germany/Eigner Jens Kuphal) mit Skipper Robert Stanjek (Starboot-Olympia-Sechster 2012 vor London) hat im Sommer das Ocean Race Europe von Lorient/Frankreich über Cascais/Portugal und Alicante/Spanien nach Genua/Italien gewonnen, und tritt nun mit dem routinierten Vorschoter Michael Schulz bei der Star-WM an. Kasüske/Schulz haben bereits bei der Star-IDM im Juni als Sechste gezeigt, dass sie in der Klasse durchaus mithalten können.
„Ich wollte schon immer Starboot segeln, es ist physisch eine coole Herausforderung und technisch sehr anspruchsvoll“, so Kasüske. „Wir haben die ersten Regatta-Erfahrungen im letzten September bei der EM auf dem Gardasee gesammelt. Unser gemeinsames Projekt ist zunächst auf die WM vor Kiel ausgerichtet. Dann sehen wir weiter“, so Kasüske, der 2016 und 2019 die Kieler Woche im Finn gewann. Durch Robert Stanjek entstand der Kontakt zu Michael Schulz. „Michi und ich haben uns von Anfang an gut verstanden und waren auf einer Wellenlänge“, so Kasüske, der in diesem Jahr auch noch das Bigboat-Segeln auf dem Plan hat.
Nach der ORC-WM in Estland an Bord der „Intermezzo“ (Jens Kuphal/WM-Fünfter) steht nun noch die IDM vor Olpenitz (24. bis 28. September) im Regattakalender. Danach dürfte sich entscheiden, welchen Stellenwert der Star im Regattaplan Kasüskes einnimmt. Die 100. Star-WM vom 10. bis 17. September 2022, veranstaltet vom Eastern Yacht Club Marblehead in Massachusetts (USA), dürfte da durchaus attraktiv sein. Doch zunächst gilt es, in Kiel gegen die Weltspitze im Star zu bestehen.
Und neben den Favoriten, den üblichen Verdächtigen auf die Podiumsplätze, sind weitere ganz große Namen vertreten wie Juan Kouyoumdijan/Fernando Rivero (Argentinien). Kouyoumdjian (Jahrgang 1971) ist ein weltweit erfolgreicher Segler und Konstrukteur von Regatta- und Fahrtenyachten. Erste America’s Cup-Erfahrungen sammelte der Argentinier mit dem französischen Team Le Défi 1995. Bei der 32. Auflage des America‘s Cups war er Mitglied im Designteam für BMW ORACLE Racing. 2020 folgte der Wechsel zum italienischen Team Prada. Die bisher größten Erfolge erzielte Kouyoumdjian jedoch mit seinen Entwürfen für das Volvo Ocean Race. Für drei Auflagen dieser Regatta entwarf er jeweils die Siegeryacht: „ABN AMRO 1“, Siegeryacht beim Volvo Ocean Race 2005 - 2006, „Ericsson 4“, Siegeryacht beim Volvo Ocean Race 2008 - 2009, und „Groupama 4“, Siegeryacht beim Volvo Ocean Race 2011 - 2012. Er selbst blieb dabei immer dem Starboot treu. Bei der diesjährigen EM in Kroatien belegten Kouyoumdijan/Rivero Rang vier. In Kiel ist die Konkurrenz noch härter.
Auch die deutschen Vorschoter Markus Koy und Frithjof Kleen (an Bord des dreimaligen Vizeweltmeisters Diego Negri/Italien) schielen Richtung Podium. Koy segelt an Bord von Jörgen Schönherr unter dänischer Flagge. Der Hamburger hat bereits America’s-Cup-Luft geschnuppert und war 2007 Mastmann im United Internet Team Germany beim Louis Vuitton Cup. Danach konzentrierte sich der North-Sails-Berater auf das Starboot und hamsterte drei EM-Titel mit drei verschiedenen Steuerleuten – 2008 mit Robert Stanjek, 2010 mit Johannes Polgar und 2014 mit Hubert Merkelbach.
"EM-Titel habe ich, und der mit Johannes war in dem wohl größten Starbootfeld überhaupt. Wir haben uns in einem WM-würdigen Feld gegen 130 Konkurrenten durchgesetzt“, so Koy. Doch ein WM-Titel fehlt noch. „Top-Ten ist in Kiel unser Ziel. Unsere Geschwindigkeit stimmt. Alles andere hängt von der Tagesform ab“, definiert der 47-Jährige den Anspruch für Kiel.
Die Starboot-Meisterschaften sind immer ein Treffen der großen Namen, heißt es in der Pressemitteilung der KV. „Wenn man die Meldeliste durchgeht, trifft man auf viele bekannte Segler. Das war schon immer so“, erklärt der Hamburger, der in vielen verschiedenen Bootsklassen segelt, dem Star aber immer treu geblieben ist. „Der Star ist schon etwas Besonderes. Er ist technisch, vielseitig und anspruchsvoll“, beschreibt der Vorschoter sein Lieblings-Boot.
Ob ein neuer Star geboren wird, Titel-Träume sich erfüllen oder doch wieder die Favoriten die Medaillen abräumen – am Samstag, 11. September, gibt es darüber Gewissheit.
Technische Daten des Starboots
Gewicht der Besatzung: max. 213,64 kg
Länge über Alles: 6,922 m
Länge in der Wasserlinie: 4,724 m
Verdrängung: 0,68 t
Tiefgang: 1,02 m
Gesamtgewicht: min. 671 kg
Kielgewicht: 408,5 kg
Segelfläche: 27,92 m2
Großsegel: 20,5 m
Fock: 7,5 m2
Länge Mast: 10 m
Länge Großbaum: ca. 4,5 m
Design Wilhelm Gardner/ Francis Sweisguth 1910/11
Gewicht der Besatzung: max. 213,64 kg
Länge über Alles: 6,922 m
Länge in der Wasserlinie: 4,724 m
Verdrängung: 0,68 t
Tiefgang: 1,02 m
Gesamtgewicht: min. 671 kg
Kielgewicht: 408,5 kg
Segelfläche: 27,92 m2
Großsegel: 20,5 m
Fock: 7,5 m2
Länge Mast: 10 m
Länge Großbaum: ca. 4,5 m
Design Wilhelm Gardner/ Francis Sweisguth 1910/11