100 Jahre Bodensee-Segler-Verband

bsvb

Bregenz, 29.03.2011 von Hans-Dieter Möhlhenrich

Mit einem Festakt im Festspielhaus in Bregenz feierte der Bodensee-Segler-Verband am Samstag in Bregenz seine Gründung vor 100 Jahren. Zu der Veranstaltungen waren rund 150 Ehrengäste und zahlreiche Clubvertreter gekommen.

Den Auftakt bildete ein Film über das Wassersportrevier Bodensee. Die drei Präsidenten Alois Kern sowie Vize Ruedi Schellenberg für die Schweiz und Wolfgang Pschorr für Österreich begrüßten die Ehrengäste der jeweiligen Länder. Dieter Haertl, Ehrenpräsident des Verbandes, stellte seine Aufgabengebiete vor. 

Den Festvortrag hielt Dr. Joachim Schuhmacher, der über den Segelsport am Bodensee promoviert hat und ihn wie kein Zzweiter kennt. Er wies auf die Völker verbindende Funktion des Verbandes hin. In 100 Jahren sei es dem Verband immer gelungen, Brücken zu schlagen und dabei alle Segler einzubeziehen.  Heute gehören dem Verband 101 Segelvereine mit mehr als 20 000 Mitgliedern aus den Bodensee-Anrainerstaaten Deutschland, Österreich und der Schweiz an.  Gegründet wurde der Verband am 28. April 1911 in Lindau von den fünf damals am Bodensee existierenden Segelvereinen Lindauer SC, Bregenzer SC, Überlinger SC, Königlich Württembergischer YC und YC Konstanz. Die Schweiz kam 1913 über den YC Zürich als weiterem Mitglied dazu, war aber bereits im Hintergrund beteiligt.

Den Vereinen ging es darum, die sich schnell entwickelnde Regattatätigkeit auf dem Bodensee zu terminieren und zu organisieren. Vor allem die Bregenzer Segler hatten sich für das sportliche Segeln stark gemacht und die anderen Vereine animieren können. Nach den ersten Versuchen war man begeistert und zur wachsenden Zahl an Regatten reisten neben den einheimischen Yachten bald auch Boote in erstaunlicher Zahl von anderen Revieren an: aus Bayern vom Akademischen Segler Verein München, Boote vom Rheinischen Segler-Verband, aus Berlin und selbst aus Bremen. Eine weitere Aufgabe des Verbandes war die Mit-Organisation der wenige Jahre zuvor entstandenen Bodenseewoche, deren  Etappen anfang jeweils zu den damaligen Clubs rund um den See führte.

Zur Gründungszeit des Verbandes war Segeln am Bodensee eine noch recht junge Sportart. Erst nach der Mitte des 19.Jahrhunderts sollen die ersten Segler auf dem Bodensee aufgetaucht sein, die das Segeln zum Selbstzweck und nicht zum Broterwerb betrieben. Auch die Boote unterschieden sich grundlegend von den am Bodensee schon seit altersher  beheimateten Lädinen und Segner. 

Überwiegend aus dem Adel und dem gehobenen Bürgertum kommend, entdeckte eine Gesellschaftsschicht, die während der Industrialisierung ein neues Profil gewann und Freizeit sowie entsprechende finanziellen Mitteln hatte den Bodensee als Segel- und Erholungsrevier. Noch heute bekannte Namen waren z. B. der Graf Zeppelin, der Graf Schenk von Stauffenberg, der Industrielle Magirus, der Bauunternehmer Baresel oder Künstler wie der Kunstmaler Haid vom LSC.

Als der Bodensee-Segler-Verband 1911 gegründet wurde, war die Schweiz eine Demokratie im Herzen Europas, in Deutschland und Österreich-Ungarn herrschten wie in vielen anderen Ländern Monarchen. Durch das erst wenige Jahrzehnte zuvor geeinigte Deutsche Kaiserreich war eine völlig veränderte Kräftekonstellation entstanden. Nationalismus und Patriotismus auf der einen Seite bestimmten Denken und Handeln ebenso wie auf der anderen Seite eine enorme Wirtschaftsentwicklung mit tiefgreifenden Veränderungen der Gesellschaft. 

Um so mehr erstaunt vielleicht, dass gerade in der tiefsten Provinz so früh ein internationaler Verband gegründet wurde, der mit seinen 100 Jahren wahrscheinlich zu  den ältesten internationalen Sportverbänden zählt. Denn die internationale Einstellung des BSVb war zwar innerhalb des deutschen Kaiserreiches und anderer Staaten etwas Besonderes, für den Bodensee dagegen war sie schon damals eher natürlich und konsequent.

Die Probleme, Wünsche und gegenseitigen Abhängigkeiten der Bodenseeanrainerstaaten war rund um den See gleich, so dass es bereits auf anderen Gebieten zu gemeinsamen Verbänden und Zusammenschlüssen gekommen war, wie z.B. nur zwei Jahre zuvor zur Gründung des Internationalen Fischereiverbandes. Man kann vor dem Ersten Weltkrieg sogar von einem schon lange bestehenden Bewußtsein einer grenzüberschreitenden Gemeinsamkeit und Verbundenheit der Bodenseeanrainerstaaten ausgehen und feststellen, dass „nationale Unterschiede und Gegensätze damals keine große Rolle spielten“ – im Gegensatz zur politischen Weltbühne. Der Bodensee-Segler-Verband hatte für die um 1911 noch kleine Schar von Seglern eine verbindende Funktion und hat diese Rolle bis heute beibehalten. Das verbindende Element zeigt sich auch darin, dass alle zur Gründungszeit existierenden Vereine mit an Bord waren.

Der Verband, der über all die Jahre bestand und nur einmal kurz nach dem Zweiten Weltkrieg neu gegründet werden musste, hatte diese Internationale Ausrichtung immer beibehalten. Und bei einer der mehrmals vorgenommenen Satzungsänderungen führte man 1970 einen dreijährigen Turnus ein, in dem die Präsidentschaft zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz wechselt.

Der Österreicher Walter Kunze, der die treibende Kraft bei der Neugründung nach dem Zweiten Weltkrieg war, nannte den Verband 1962 „eine Schule der Völkerverständigung auf der Basis einer Freundschaft über Grenzen hinweg, die sich als absolut verläßlich auch in schlimmen Zeiten erwiesen hat“. Dr. Hugo Eckener, der weltberühmte Luftschiffer aus Friedrichshafen, eröffnete einmal eine  Regatta des WYC mit dem Satz: „Der Segelsport ist völkerverbindend“. Und das ist er bis heute geblieben und das soll er auch weiter bleiben.

Gewandelt haben sich die Aufgaben. Zur  Regattakoordination, der Organisation des Yardsticksegelns in der Fachgruppe Yardstick und des IMS-Segelns durch die dem BSVB angeschlossene RVB kam in den vergangenen drei Jahrzehnten immer mehr die der politischen Interessenvertretung als Kernaufgabe des Verbandes. Behörden oder Umweltverbänden nahmen den Wassersport, der am Bodensee einen Boom erlebte immer mehr ins Visier. Vorwürfe, Verbote, Bschränkungen, Sperrungen, das waren plötzlich neue Themen, mit den sich der Vorstand des BSVb im Auftrag seiner Mitgliedsvereine auseinandersetzen musste. Und er tat das beharrlich, mit viel persönlichem Einsatz vieler Beteiligter und mit bescheidenen Mitteln.

Die für den Verband neuen politischen Auseinandersetzungen veranlaßten den Vorstand 1983, ihn um einen sogenannten beratenden Ausschuss zu erweitern. Bereits in den 80er Jahren ernannte man einen Umweltbeauftragten, eine Position, die es bis heute gibt. Seine Aufgabe war zunächst der Kontakt und der Austausch mit den Naturschutzverbänden, die gegen den Wassersport Front machten. Heute kümmert sich der Umweltbeauftragte verstärkt um praktische Themen des Segelsports und des Umweltschutzes wie z. B. um unbedenkliche Unterwasserfarben, alternative Treibstoffe oder Antriebssyteme wie E-Antriebe und vieles mehr.

Die Zusammenarbeit mit den in den letzten Jahren entstandenen nationalen Landesverbänden wurde intensiviert und bei der vor rund 25 Jahren gegründeten Internationalen Wassersportgemeinschaft Bodensee IWGB,  hat der BSVb bis heute eine wichtige Trägerfunktion übernommen. Mit der IWGB hat man die Interessenvertretung des Wassersports auf eine  Basis mit rund 25 Verbänden mit mehr als 200000 Mitgliedern gestellt.  Ziel dieser breiten Zusammenarbeit war und ist es, frühzeitig von Themen und Problemen zu erfahren oder darüber zu informieren, Umwelt-  oder Wassersportprojekte zu erarbeiten und sie möglichst gemeinsam mit anderen Wassersportverbänden durchzuführen. Dazu zählte z. B. die breit angelegte Untersuchung von biozidfreien Unterwasserfarben oder das Projekt „Biodiesel in der Sportschifffahrt in der Euregio Bodensee“. An diesem mehrjährigen Projekt beteiligt waren neben dem BSVB auch der IBMV und die IBN, wissenschaftliche Begleitung des Projekts, das international Beachtung fand, sicherten sich die Wassersportler durch die Zusammenarbeit mit der FH Konstanz, Institut für Verbrennungstechnik.

Vorstand und beratender Ausschuss bilden heute ein flexibles Beziehungsnetz mit dem man schnell und zielgerichtet auf Probleme und Herausforderungen reagieren kann und das alle auf einem gleich hohen Informationsstand hält. Das Motto für das Präsidium heißt so klein wie möglich, so groß als nötig, so effektiv wie möglich.  Der BSVB versucht möglichst viele Segler zu organisieren und den Verband als Interessenvertretung aller Segler, auf eine denkbar breite Basis zu stellen. Dazu gehört auch, dass er sich in den letzten Jahren verstärkt für die Fahrtensegler einsetzt. Jährlich werden Aktionen entwickelt, die das Fahrtensegeln auf dem Bodensee fördern und in geregelte Bahnen lenken sollen.

Der  BSVb koordiniert damit nicht nur alle segelsportlichen Tätigkeiten am Bodensee, insbesondere ist er heute  ganz maßgeblich Interessenvertreter des gesamten Segelsports am Bodensee nach außen. Im Rahmen seiner kontinuierlicher Öffentlchkeitsarbeit, pflegt der BSVB Kontakt zu Behörden, Institutionen, Polizei, Politik uvm. So z. B. auch mit den Bodenseekapitänen. Bei einem jährlichen Treffen tauscht man sich aus und versucht gemeinsam Probleme auf dem Wasser miteinander zu beseitigen. Überhaupt ist es weitgehend das Ziel, früh und präventiv auf neue Entwicklungen zu reagieren, bevor eventuell Prozesse in Gang gesetzt werden, die bis hin zu neuen Gesetzen oder Verboten führen könnten. 

Bis heute ist die Identifikation der Vereine mit dem BSVb hoch. Der Verband wird geschätzt und es ist für die vielen Segelvereine selbstverständlich, dass man dort Mitglied ist. Die gut organisierte Regattaorganisation und Ausschreibung über das Jahrbuch mit seinen vielen Informationen und nicht zuletzt die große Lobbyarbeit für die Segler spielen dabei eine wichtige Rolle. Und auf ihre internationale, fruchtbare Zusammenarbeit zugunsten ihres Sports und ihrer Freundschaft untereinander können die Segler stolz sein.  Über die Gemeinschaft für Seefahrt, die Fachabteilung für das Seesegeln am Bodensee, tragen sie diese auch die freundschaftliche Segelei mit gleichgesinnten auf die Weltmeere. Mit der Verbundenheit im Hinterkopf sollten die Segler auch in Zukunft alles daran setzen, gemeinsam an einemTau zu ziehen. Denn nur vereint löst man kleine und große Aufgaben.



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