Heisse Abende, kühles Bier

Aufmacher Kühlen

Radolfzell, 01.07.2016 von Michael Häßler

Lebensqualität wird individuell unterschiedlich empfunden. Der Angler ist zufrieden, wenn er auf dem See frühmorgens seine Ruhe hat und niemandem begegnet. Ein anderer braucht viele Leute, die sich abends um den Hafengrill versammeln. Wiederum andere verstehen unter „Lebensqualität“ nach einem aktiven Segeltag ein kühles Bier am Ankerplatz, sowie harte Butter zum Frühstück am nächsten Morgen unter dem Sonnensegel.

Ohne aktive Kühlmöglichkeit geht das nicht, und was vor dreißig Jahren noch als absoluter Luxus galt, zählt heute bei neuen Booten schon fast zum Standard. Nach wie vor braucht Kühlung aber Energie, und genau das ist der Punkt, was die Theorie von der Praxis, beziehungsweise die Präsentation in der Messehalle vom Ankerplatz unterscheidet.

An Land kommt der Strom nun mal aus der Steckdose ist zumindest in Mitteleuropa im Überfluss vorhanden. Aber wer nicht den ganzen Urlaub lang von Steckdose zu Steckdose reisen möchte, muss sich ein paar Gedanken darüber machen, wo er die notwendige Energie an Bord her bekommt, wenn die Butter nicht flüssig werden soll.
Energiebilanz
Der erste Schritt dazu ist eine realistische Energiebilanz. Dabei werden alle Verbraucher mit ihrer geschätzten Laufzeit aufgelistet. Daraus, und aus der Überlegung, wie lange man ohne Landstrom auskommen möchte, ergibt sich die nutzbare Batteriekapazität, die erforderlich ist. Diese ist wiederum Grundlage für die Dimensionierung des Ladegeräts.
Wenn gekühlte Ware eingelagert wird, kann man Energie sparen. Wer eine tiefe Bilge hat, kann dort seine Getränke lagern und ohne Energieverbrauch auf Seetemperatur „vorkühlen“, bevor sie in der Kühlbox auf endgültige Trinktemperatur gebracht werden.

Dosen haben Vorteile auf dem Boot
Wer Dosen statt Flaschen verwendet, spart Energie. Schließlich will man mit dem raren Strom an Bord nicht das Behältnis kühlen, sondern dessen Inhalt. Glas und PET sind deutlich schlechtere Wärmeleiter als dünnes Blech, und die Ökobilanz von Dosen muss nicht generell wesentlich schlechter als die von Mehrwegflaschen sein. Das hängt immer von individuellen Umständen ab und letztlich müssen bei jeder Entscheidung alle relevanten Aspekte gegeneinander abgewogen werden.
Dosen sparen auch Gewicht. Dies sowohl auf dem Boot, was sich auf den Treibstoffverbrauch auswirkt, als auch beim Fußmarsch vom Laden zum Hafen und bei der Entsorgung. Man kann sie nach Gebrauch auf kleines Volumen bringen und es droht keine Verletzungsgefar durch Glasscherben. Außerdem sind Dosen, egal ob voll oder leer, bei der Lagerung weniger sperrig und brauchen weniger Stauvolumen.

Passive Isolierbox
Für Tagestörns reicht eine einfache, gut isolierte passive Kühlbox aus, die aber nicht in der prallen Sonne stehen sollte. Ist das nicht zu vermeiden, beispielsweise auf einem offenem Boot, deckt man diese mit nassen Handtüchern ab und nutzt die darunter entstehende Verdunstungskälte.
Eingefrorene Getränketüten als „Kühlakku“ zu verwenden, hat sich bewährt, weil man damit auch am nächsten Tag noch über kühle Getränke verfügt und der Übergang vom festen in den flüssigen Aggregatszustand aufgrund der großen Masse länger dauert als bei dünnen Kühlakkus. Ist man mehrere Tage unterwegs, kann man im Clubhaus fragen, ob man diese Tüten über Nacht wieder einfrieren darf. Auch Eiswürfel in einer wasserdichten Gefrierbox halten nicht nur den Inhalt kühl, sondern lassen sich bei Tagestörns ganz praktisch für Getränke verwenden.
Salat und Gemüse hält sich ohne Kühlung in speziellen Plastikdosen ein paar Tage, wenn dafür ein halbwegs kühler Lagerort, vielleicht unter der Wasserlinie gefunden wird.

Thermoelektrische Kühlboxen
Kühlgeräte mit Peltier-Technik, oft als „thermoelektrisch“ bezeichnet, locken mit niedrigen Preisen. Sie sind teilweise für unter 50 Euro zu haben. Kern ist ein wenige Millimeter dickes Halbleiter-Bauteil mit zwei planen Flächen, das beim anlegen einer Spannung auf einer Seite warm und auf der anderen Seite kalt wird. Polt man den Strom um, kehrt man auch den Wärmefluss um. Beide Flächen sind mit Kühlkörpern verbunden, deren Wärmeaustausch von einem Gebläse unterstützt wird.
Peltier-Kühlgeräte lassen sich nicht regeln. Sie sind entweder an oder aus. Sind sie ausgeschaltet, wirkt das Kühlaggregat als „Temperaturbrücke“.
Der tatsächliche Energieverbrauch ist vier bis fünf Mal höher als bei einem Kompressorkühlgerät und sowohl die Innentemperatur als auch der Wirkungsgrad hängt stark von der Außentemperatur ab. Je wärmer es ist, um so mehr Energie ist notwendig, um den maximal möglichen Temperaturunterschied zwischen äußerem und innerem Kühlkörper von etwa 20 Grad zu erreichen.
Im klimatisierten Auto oder zuhause können solche Geräte daher durchaus zufriedenstellend funktionieren. Bei vierzig Grad, wie das auf dem Bodensee auch im Schatten keine Seltenheit ist, bedeutet ein Temperaturunterschied von zwanzig Grad aber halt noch immer bescheidene zwanzig Grad Innentemperatur. In der Praxis relativiert sich das etwas durch die kühleren Nachtstunden, so dass nach den eigenen Erfahrungen des Autors auch im Hochsommer mit einer Innentemperatur von 15 bis 20 Grad gerechnet werden kann.
Angesichts des immensen Stromverbrauchs und der nächtlichen Geräuschentwicklung durch den Ventilator ist der Nutzwert solcher Geräte aber eher begrenzt. Auch die finanzielle Seite sieht auf den zweiten Blick nicht mehr so „rosig“ aus. Was man am Kühlgerät spart, braucht man für eine leistungsfähigere Stromversorgung.

Absorber
Absorbergeräte aus dem Campingzubehör sind auf dem Boot ebenfalls keine befriedigende Lösung. Zwar liegt ihre thermische Leistung höher als bei Peltiergeräten, der Wirkungsgrad verschlechtert sich aber über 30 Grad und der Energieverbrauch liegt ebenfalls relativ hoch.
Absorber haben keine mechanischen Bauteile und erzeugen keine Geräusche. Sie besitzen eine Wärmequelle, die in einem geschlossen Kreislauf Salmiakgeist in Ammoniak und Wasser trennt, das sich im Absorber wieder verbindet. Die dafür nötige Wärmeenergie kann mit verschiedenen Energieträgern hergestellt werden. Im stehenden Wohnwagen ist das vorwiegend Gas oder Netzstrom. Während der Fahrt kommt der Strom aus der Lichtmaschine des Zugfahrzeugs.
Aufgrund des hohen Verbrauchs ist ein ständiger Betrieb mit 12 Volt keine Option und ob man auf dem Boot eine offene Flamme möchte, ist ebenso eine Frage des eigenen Sicherheitsbedürfnisses wie die generelle Entscheidung, ob man dort überhaupt Gas möchte. Außerdem vertragen Absorbergeräte nur wenig Krängung.

Kompressor
Wer auf unkomplizierte und gefahrlose Handhabung, hohe Kühlleistung und wenig Stromverbrauch Wert legt, entscheidet sich für ein Kühlgerät mit Kompressor. Aus gutem Grund ist das die gängigste Variante bei Booten.
Bleibt die Frag nach der Bauform. In einem Kühlschrank mit Flügeltür, wie man ihn von zuhause kennt, kann man zunächst besser Ordnung halten und der Inhalt erscheint übersichtlicher. Er muss aber „krängungssicher“ verstaut werden, was nicht ganz einfach ist und bei einer von oben zu befüllenden Box praktisch von selbst geschieht. Das Kühlgut verkeilt sich dort bei jeder Bootsbewegung und die kleinen Teile rutschen zwischen die Größeren nach unten. Ebenfalls nachteilig bei einem Kühlschrank ist, dass man diesen oft nur auf Knien einsehen kann und er bei Krängung nur dann geöffnet werden kann, wenn er sich in Lee befindet.
Ein weiterer Unterschied betrifft den Energieverbrauch. Öffnet man bei einem Kühlschrank die Türe, „fällt“ aufgrund der höheren Dichte die kalte Luft heraus. Eine Kühlbox mit Deckel oben wird daher immer effizienter sein, besonders wenn das Volumen nicht komplett mit Kühlgut ausgefüllt ist.
Die Erfahrung lehrt, dass man den maximal zur Verfügung stehenden Raum nutzen sollte und die Box lieber eine Nummer größer wählt, sofern der Platz dafür vorhanden ist. Wer nur über‘s Wochenende mal auf dem Boot übernachtet und lediglich auf kalte Getränke Wert legt, kommt vielleicht mit 20 Litern aus. Wer mehrere Tage oder sogar Wochen auf dem Boot verbringt und nicht jeden Tag frische Lebensmittel einkaufen möchte, sollte von vornherein mindestens das Doppelte einplanen.
Fleisch und Wurst kann man vom Metzger für wenig Geld portionsweise einschweißen lassen. Das hält die Lebensmittel nicht nur länger frisch, sondern die Packung ist auch kleiner und lässt sich besser verstauen.
Kompressorboxen gibt es fertig zum Einbau oder als tragbares Gerät. Soll der maximal vorhandene Platz an Bord genutzt werden, baut man die Box individuell. Man lässt sich vom Schlosser eine Kiste aus Edelstahl fertigen oder laminiert sie aus GfK, die man mit Hartschaum isoliert. Kühlaggregat, Thermostat und unterschiedliche Verdampfer bekommt man im Fachhandel. Durch spezielle Kupplungen an der Verrohrung kann man auf bereits mit Kältemittel befüllte Komponenten zurückgreifen.

Elektrische Energie
Egal für welche Kühlmöglichkeit man sich entscheidet. Bis auf die passive Variante und den Absorber im Gasbetrieb brauchen alle Strom. Zunächst kommt dieser über ein, auch für den hohen Anlaufstrom des Kompressors ausreichend dimensioniertes Kabel aus der Batterie. Wenn der Kompressor nicht anläuft, stimmt meistens der Querschnitt des Kabels nicht.
Oft ist ein Unterspannungsschutz im Kühlgerät eingebaut. Ist das nicht der Fall, sollte man einen solchen extern montieren. Das ist eine Schaltung, die den Stromfluß unterbricht, sobald die Bordspannung unter einen voreingestellten Wert fällt. Damit stellt man sicher, dass der Batterie noch genug Kapazität bleibt, um den Motor starten zu können. Hat man eine separate Service-Batterie, verhindert der Unterspannungsschutz die Tiefentladung und damit ein vorzeitiges Altern des teuren Stromspeichers.
Die Auslösespannung kann an einem „Mäuseklavier“ oder mittels „Jumper“ eingestellt werden. Dabei muss der hohe Einschaltstrom des Kompressors berücksichtigt werden, der die Bordspannung schon mal kurzfristig unter elf Volt ziehen kann.

Das Ladegerät
Ist man abends in einem Hafen und steht Landstrom zur Verfügung, nutzt man diesen zum Laden der Akkus. Das Ladegerät muss aber nicht nur die Akkus wieder aufladen, sondern in dieser Zeit auch den Strom für die Kühlbox liefern.
Wenn die Box, inklusive aller Verluste typischerweise rund 50 Watt zieht, ergibt das eine Stromstärke von etwa vier Ampere. Bei einer Einschaltdauer von 50 Prozent sind das zwei Ampere pro Stunde. In 12 Stunden „Tagbetrieb“ werden also rund 25 Amperestunden (Ah) aus der Batterie entnommen, die in 12 Nachtstunden wieder „nachgefüllt“ werden müssen. In dieser Zeit verbraucht die Kühlbox aber weitere 25 Ah Strom. Ein Gerät der Leistungsklasse um 5 Ampere ist dafür am unteren Limit.
Generell gilt, dass die Leistung des Ladegeräts in Ampère zwischen zehn und 20 Prozent der Nennkapazität des Akkus in Amperestunden betragen sollte. Für eine 50 Ah-Batterie wäre ein Lader mit fünf bis zehn Ampere also passend. Soll auch mal eine Nacht am Anker verbracht werden, muss sowohl die Batteriekapazität als auch die Leistung des Ladegeräts angepasst werden.

Wo kommt der Strom her?
Wer den Batterien Strom entnimmt, muss diesen so bald wie möglich wieder „nachfüllen“, weil eine teilentladene Batterie auf Dauer Schaden nimmt. Es sollte nie mehr als die Hälfte der Kapazität entnommen werden, sonst nimmt man eine Reduzierung der Akku-Lebensdauer in Kauf.
Den genauen Ladezustand festzustellen ist nicht einfach. Die eleganteste, aber auch teuerste Methode ist ein „Batterie Monitor“, ein spezielles Gerät, das Ladung und Entladung bilanziert.
Auch von der Ruhespannung kann man auf den Ladezustand der Batterie schließen. Diese liegt aber nur dann an, wenn die Batterie rund zwei Stunden vor der Messung weder geladen noch entladen wurde. Als Richtwert für einen 50-prozentigen Ladezustand gilt eine Ruhespannung von 12,3 Volt, die mit einem Voltmeter direkt an den Polen gemessen wird. Sehr komfortabel ist ein permanent angeschlossener Spannungssensor, der die Klemmenspannung per Bluetooth an eine App überträgt.
Die genaueste, aber auch umständlichste Methode ist die Ermittlung der Elektrolytdichte mit einem Säureheber, was aber nur bei offenen Batterien funktioniert.

Ladeverfahren
Um die Batterie zu laden, steht normalerweise nur begrenzte Zeit zur Verfügung. Man kommt abends in den Hafen und möchte morgens wieder weiter. Diese Zeitspanne ist zu kurz, um mit einer „W-Kennlinie“ (W=Leistung) zu laden, wie sie einfache, ungeregelte Ladegeräte bereitstellen, die normalerweise aus einem Transformator und einem Brückengleichrichter bestehen.
Die Stromstärke (I) auf dem Typenschild des Ladegeräts kann nur kurzzeitig und bei leerer Batterie erreicht werden. Mit steigender Batteriespannung steigt auch der Innenwiderstand des Akkus und der Ladestrom läuft gegen Null. Was das Ladegerät zur Verfügung stellen kann, ist das Eine. Was die Batterie aufnimmt, das Andere. Jedenfalls dauert es mit einer W-Kennlinie sehr lange, bis die Batterie voll ist. Dabei muss die Spannung (U) kontrolliert werden und das Ladegerät vor erreichen der Gasungsspannung abgehängt werden, damit keine Überladung stattfindet.
„Automatische Ladegeräte“ besitzen eine Wo-Kennlinie und können unbeaufsichtigt bleiben. Die „Null“ in der Kennlinienbezeichnung bedeutet, dass das Gerät bei Erreichen einer bestimmten Ladeschlußspannung abschaltet. Dann ist die Batterie zu etwa 70 bis 80 Prozent geladen und ein Motor könnte damit gestartet werden. Eine „Wa“- Kennlinie bedeutet, dass bei erreichen der Ladeschlußspannung nicht einfach abgeschaltet, sondern auf eine niedrigere Erhaltungsladungspannung umgeschaltet wird. Solche Lader können nicht nur unbeaufsichtigt angeschlossen bleiben, sondern schaffen sogar eine Volladung. Allerdings erst nach langer Zeit.
Für die Betriebsbedingungen auf dem Boot sind elektronische Ladegeräte mit mehrphasigen Kennlinien zu empfehlen. Diese besitzen keinen Transformator, dessen Ausgangsspannung analog zur Eingangsspannung schwankt, sondern ein Schaltnetzteil, dessen Ausgang auch dann konstant bleibt, wenn die Netzspannung durch viele Verbraucher beeinträchtigt wird.
Eine gängige Kennlinie ist „IUoU“. Während der „Konstantstromphase“ (I) wird bis kurz unterhalb der Gasungsspannung mit maximaler Stromstärke geladen. Würde jetzt mit unvermindertem Strom weiter geladen, finge der Akku an zu kochen und würde zerstört.
Das ist der Punkt, an dem die Wo-Kennlinie abschalten und sich die Ruhespannung nach einiger Zeit auf einen Wert von rund 70 bis 80 Prozent einpendeln würde. Die Batterie würde sulfatieren und ihre vorgesehene Lebensdauer nicht erreichen. Man kann sich das modellhaft so vorstellen, dass die Platten während des Ladevorgangs nur in ihren äußeren Schichen mit Ladung „gesättigt“, aber noch nicht komplett von Ladung durchdrungen sind. Dieser Prozeß dauert bei „trägen“ Verbraucherbatterien mit wenigen und dicken Platten länger als bei Starterbatterien, die wegen der hohen Stromstärken mehr und dünnere Platten besitzen.
Die zweite Phase der IUoU-Kennlinie orientiert sich nicht an der Stromstärke, sondern liefert eine Konstantspannung (U), die so lange gehalten wird, bis eine „Sättigung“ der Platten erreicht ist. Das kann zeitlich gesteuert sein oder auch durch die Stromaufnahme. Danach schaltet das Gerät ab (o), bis die Akkuspannung auf Erhaltungsladungsniveau abgesunken ist. Dort schaltet es wieder ein und hält diese niedrigere Spannung (U) konstant, um die Selbstentladung auszugleichen.
Die exakten Schaltschwellen hängen vom Akkutyp ab. Ein gutes Ladegerät kann entweder frei programmiert werden oder es fährt eine zum Akkutyp passende, vorgegebene Laderoutine ab. Hochwertige Geräte ziehen die Batterietemperatur in den Ladevorgang mit ein.
Laden mit Lichtmaschine
Standard-Lichtmaschinen sind dafür gebaut, Verbraucher während der Fahrt mit Strom zu versorgen und der Starterbatterie die geringe, beim Start entnommene Ladung wieder zu zu führen. Dafür liefert der Regler eine typischerweise zwischen 13,8 Volt und 14 Volt begrenzte Gleichspannung, im Gegensatz zu einem elektronisch gesteuerten Ladegerät, das in der ersten U-Phase 14,4 Volt liefert. Weil eine reine Starterbatterie aber praktisch immer voll ist, reicht diese geringe Spannung aus.
Auf dem Boot bedient sich aber auch die meistens teilentladene Verbraucher-Batteriebank aus dem „Stromangebot“ der Lichtmaschine. Sie „holt sich“ so viel Ladung, wie sie aufnehmen kann, und das ist umso weniger, je voller sie wird. Die Ladecharakteristik der Lichtmaschine entspricht einer spannungsgebrenzten „Wa-Kennlinie“. Wenn auf dem Typenschild der Lichtmaschine „55A“ angegeben ist, heißt das nur, dass die Lichtmaschine 55 Ampere erzeugen kann. Wie viel die Batterie davon aufnimmt, besagt dieser Wert nicht.
Die Ladungsaufnahme wird vom Innenwiderstand des Akkus bestimmt. Dieser steigt exponentiell mit dem Ladezustand. Eine leere Batterie ist relativ schnell halb voll. Eine halbvolle Batterie braucht aber ein mehrfaches dieser Zeit, um auf 75 Prozent zu kommen. Die gewöhnlichen Betriebsbedingungen einer Verbraucherbatterie auf dem Boot liegen in einem Bereich von über 50 Prozent des Ladezustands, weshalb eine Standard-Lichtmaschine mit ihrer geringen Spannung nicht sehr viel zur Batterieladung beitragen kann. Jedenfalls nicht mit den geringen Maschinenzeiten eines Segelboots.
Abhilfe können „Hochleistungsregler“ bringen, die zwischen Lichtmaschine und Batterie geschaltet werden und aus der ungeregelten W-Kennlinie eine IUoU-Kennlinie machen. Ob die kurzen Wege am Bodensee und die wenigen Motorstunden den Aufwand rechtfertigen, ist dann wiederum eine Frage der persönlichen Verhältnisse.

Laden mit Solarstrom
Laden mit Solarstrom ist eine sinnvolle Alternative, wenn auf dem Boot ausreichend unbeschatteter Platz vorhanden ist. Die Modulpreise sind in den letzten Jahren dramatisch gesunken und man bekommt auch begehbare Platten aus Fernost für einen Bruchteil dessen, was man noch vor wenigen Jahren für ein sperriges Glasmodul bezahlt hätte.
Die erzielbaren Stromstärken sind, auf die Fläche bezogen, zwar eher bescheiden und die „Klima-Vermarkter“ sind der technischen Realität nach wie vor ein paar Schritte voraus. Trotzdem liefert eine Solaranlage immer dann Strom, wenn es hell ist. Und das ohne störende Begleitumstände wie Motorengeräusch oder Abgase. Man braucht halt einen Platz, an dem die Platten weder beschattet werden, noch im Weg rumliegen.
Eine solide Lösung für die Kühlung mit Solarstrom ist unter einer Peak-Leistung (Wp) von 50 Watt nicht zu realisieren. Mit weniger kann man allenfalls die Abwesenheit vom Landstrom verlängern. Der Autor hat 50 Watt fest auf dem wenig beschatteten Achterschiff installiert. Ein 30 Watt Panel wird flexibel dort platziert, wo es gerade passt. Damit ist das Boot autark, auch wenn am Wochenende oder im Urlaub darauf gewohnt und der Inhalt der Kühlbox oft ausgetauscht wird.
Auch für den Laptop ist noch Strom vorhanden, sollte aber sinnvollerweise durch ein sparsameres Tablet ersetzt werden. Die Innenbeleuchtung und das Ankerlicht enthalten Leuchtdioden und die Positionsleuchten sind nur dann in Betrieb, wenn der Motor läuft. Elektrische Ankerwinsch, Bugstrahlruder oder Autopilot gibt es nicht. Auch keine Druckwasserpumpe oder andere nennenswerte elektrische Verbraucher.
Die Peak-Leistung eines Solarpanels ist ein Laborwert, der unter standardisierten Testbedingungen ermittelt wird. Dazu gehören eine Energieeinstrahlung von 1Kilowatt pro Quadratmeter und eine Zellentemperatur von 25°C. Im Sommer kommen solche Bedingungen in unseren Breiten praktisch nie vor. Wenn die Sonne scheint ist das Panel wärmer, wodurch dessen Wirkungsgrad dramatisch sinkt. Diese Nennwerte besitzen daher nur eine relative Aussagekraft und die Wirkleistung hat wenig mit der „installierten Leistung“ zu tun, die gerne propagandistisch benutzt wird.
Die Spannung eines Solarpanels hängt von dessen Zellenanzahl ab, die Stromstärke von der Fläche. Ein für 12 Volt-Systeme genutztes Modul besteht typischerweise aus 36 Zellen, die je nach Typ zwischen 17 und 19 Volt erzeugen. Die auf dem Typenschild aufgedruckte Kurzschlußspannung (Voc) und der Kurzschlußstrom (Ioc) werden ohne Last gemessen und sind keine praktisch relevanten Leistungsangaben.
Leistungseinbußen ergeben sich nicht nur bei hohen Temperaturen, sondern auch bei Bewölkung oder durch „Beschattung“. Die Gesamtleistung eines Moduls richtet sich immer nach seiner schwächsten Zelle und kann schon durch den Schatten einer Leine oder die Hinterlassenschaften eines Vogels wesentlich vermindert werden.

Laderegler
Zwischen Solarmodul und Batterie ist ein Laderegler geschaltet, der die Systemspannung knapp unterhalb der„Gasungsspannung“ begrenzt. Die einfachste Bauform ist ein „Längs- oder Shuntregler“, der bei einem oberen Spannungswert abschaltet und bei einem unteren Schwellenwert Modul und Batterie wieder zusammenschaltet. Die Modulspannung wird bei dieser Technik auf die Batteriespannung „herunter gezogen“. Kurz vor erreichen der Gasungsspannung schaltet der Regler ab. Technisch entspricht das einer Wo-Kennlinie mit allen Nachteilen.
Pulsweitenregler (PWR) schalten am oberen Punkt nicht einfach nur ab, sondern halten die Spannung auf einem konstant hohen Wert. Sie liefern in ihrer einfachsten Form eine Wa-Kennlinie. Es können aber auch einprogrammierte Ladekurven abgefahren werden.
Der grundsätzliche Nachteil bei beiden Reglerarten ist, dass die Modulspannung jeweils auf die Batteriespannung herunter gezogen wird. Das Panel kann dadurch nicht seine volle Leistung liefern. Beispielsweise erzeugt ein 50 Watt-Modul an 18 Volt 2,8 Ampere (18Vx2,8A=50,4W). Bei 13 Volt bleiben von den 50 Watt Nennleistung dann nur rund 36 Watt effektiver Leistung (13Vx2,8A=36,4W).
Soll das Leistungspotential eines Panels tatsächlich ausgeschöpft werden, muss dieses an seiner „MPP-Spannung“ von typischerweise 18 V betrieben werden, also an seinem „Maximum Power Point“. Mit dieser Spannung würde man eine 12 Volt Batterie aber in kürzester Zeit „kaputt kochen“.
Der MPPT-Regler (Maximum Power Point Tracker) entkoppelt die Modulspannung von der Batteriespannung. Das Panel wird dadurch, unabhängig von der Bordspannung, mit seiner optimalen Spannung betrieben. Ein MPPT-Regler ist, technisch gesehen, also kein Schalter, sondern ein DC-DC Wandler, der bei fallender Spannung die Stromstärke anhebt, womit die Leistung erhalten bleibt.
Diese Vorteile des MPPT-Reglers relativieren sich aber im Bodensee-Sommer. Der Maximale Leistungspunkt (MPP) liegt nämlich nur bei den schon erwähnten 25 Grad Zellentemperatur tatsächlich bei 18 Volt. Ändert sich die Temperatur, muss dieser Punkt neu ermittelt werden, was ein MPPT-Regler unablässig tut.
Aber nicht nur die MPP-Spannung, sondern auch der Wirkungsgrad des Panels sinken pro zehn Grad Erwärmung um etwa fünf Prozent. Bei einem in der prallen Sommersonne auf 75 Grad erwärmten Panel befindet sich die MPP-Spannung dann im Bereich der Bordspannung, in dem ein einfacher PWR Regler in etwa das selbe Ergebnis liefern würde. Der teure MPPT-Regler bringt bei hohen Temperaturen also keinen Vorteil.
Ein Gewinn ergäbe sich nur dann, wenn die Zellenanzahl und somit die Modulspannung erhöht würde. Man könnte, anstatt eines 12V/50 Watt Panels, zwei 12V/25 Watt Paneele in Reihe schalten. Daraus ergäbe sich ein 24V/25W Panel. In Reihe geschaltete Module müssen identische Leistungswerte haben.
An einem PWM-Regler können dagegen auch Panels mit geringfügig verschiedenen Spannungen parallel betrieben werden. So ist es in der Praxis zwar nicht ideal, aber möglich, monokristalline und preisgünstigere polykristalline Module zu kombinieren. Die Modulspannung wird ohnehin auf die Batteriespannung herunter gezogen. Die Stromstärken addieren sich dabei, was wiederum den Regler etwas angeht, dessen maximale Leistungsfähigkeit respektiert werden muss.
Eine Solaranlage auf dem Boot ist eine praxisgerechte Investition, wenn man weitgehend unabhängig von Häfen und anderer Infrastruktur sein möchte. Die Leistungsangaben auf dem Typenschild muss man zu interpretieren wissen und wie so oft, lautet auch hier die korrekte Antwort auf die Frage nach der Leistung: „Es kommt darauf an.“

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