Hitze zermürbt die Hochseesegler

neutrogenafoto

25.03.2011 von IBN

Mit brennenden Wunderkerzen überquerten Boris Herrmann und Ryan Breymaier am Freitagmorgen (25. März) mit ihrer Hochseeyacht „Neutrogena“ im Barcelona World Race zum zweiten Mal den Äquator.

Beim Sprung zurück auf die Nordhalbkugel lag die deutsch-amerikanische Zweiermannschaft in der Nonstop-Regatta rund um die Welt auf Rang fünf nur 20 Seemeilen hinter der spanischen „Estrella Damm“. Bis ins Ziel nach Barcelona waren noch mehr als 3.000 Seemeilen zu segeln, was etwa zwei Wochen dauern dürfte. An der Spitze hatten sich die führende „Virbac-Paprec 3“ mit Jean-Pierre Dick und Loïck Peyron aus Frankreich und die Verfolgerin „Mapfre“ von Iker Martínez und Xabi Fernández (Spanien) nacheinander in den so genannten Geistermodus verabschiedet, in dem sie 36 Stunden nicht auf den Positionsreports erscheinen. Sie werden ab 3. April im Hafen zurückerwartet.

32 Grad Celsius und stickige Luft unter Deck, in der gleißenden Sonne im Cockpit droht ein Hitzeschlag – unter diesen zermürbenden Bedingungen litten Herrmann und Breymaier in der zwölften Woche auf hoher See. „Die intertropische Konvergenzzone macht uns ganz schön zu schaffen“, schrieb der 29-jährige, geborene Oldenburger per Email von Bord. Umlaufende Winde zwangen die Crew zu zahllosen Segelwechseln, in drückender Hitze doppelt so anstrengend. Herrmann: „Auf der anderen Seite haben wir bisher auch Glück, denn wir sind nie in einer Flaute vollkommen stehen geblieben, sondern haben immer noch ein paar Knoten Fahrt gemacht.“

Und in der Nacht zu Freitag hatte die „Neutrogena“ nach fortgesetzten Verlusten gegen die direkten Gegner „Renault“ mit Pachi Rivero und Antonio Piris (beide ebenfalls Spanien), 140 Seemeilen voraus auf Rang drei, und Alex Pella/Pepe Ribes („Estrella Damm“) auch mal wieder das bessere Ende für sich. „Wir lagen auf der günstigen Seite eine Wolkenkette mit kräftigen Schauerböen und haben stundenlang Gas gegeben“, so Ryan Breymaier in einem kurzen Morgenbericht. „Als wir dann den Äquator wieder überquerten, gab es diesmal zwar keine große Party, weil wir beide sehr müde sind. Aber ein bisschen gefeiert haben wir trotzdem.“

Es muss Balsam auf den Seelen gewesen sein, denn im Südatlantik hatten die beiden nach und nach zu spüren bekommen, wie der geplatzte Hydraulikzylinder des Schwenkkiels das Geschwindigkeitspotential kappt. Herrmann: „Aus Sicherheitsgründen kippen wir den Kiel nicht mehr auf 40 Grad voll an, wenn das von den Windverhältnissen her eigentlich angezeigt wäre. Das kostet uns dann immer einige Zehntel oder sogar mehr Bootsspeed.“

Auf dem vorletzten Teilstück der mehr als 25.000 Seemeilen langen Regatta, das an den Kapverdischen und den Kanarischen Inseln vorbei nach Gibraltar führt, werden der Nordostpassat und überwiegend Am-Wind-Bedingungen erwartet. „Das ist eigentlich die Stärke unseres Boots“, sagt Boris Herrmann, „aber wir werden sie nicht voll ausspielen können.“ Die Entscheidung um den letzten Platz auf dem Podium dürfte aber eh erst Anfang April im Mittelmeer fallen. Denn die Straße von Gibraltar mit ihren starken Meeresströmungen und das Finale entlang der spanischen Küste bergen noch jede Menge Fallen und Überholspuren.

„Wir freuen uns inzwischen schon auf den ersten Landgang nach mehr als drei Monaten und sehnen das Ende der Torturen herbei“, beschrieb der erste deutsche Teilnehmer überhaupt an einem Rennen der 18,29 Meter langen IMOCA Open 60-Yachten die Stimmung an Bord. Am 85. Tag auf See war längst klar, dass die Reise deutlich länger dauern wird, als ursprünglich geplant. Denn mehrmals wurde die Route unterwegs durch Eiswarnungen im Südpolarmeer verlängert. Den 8. April haben Herrmann und Breymaier derzeit für ihre Zielankunft hochgerechnet. Genau bis dahin reichen auch noch ihre aufgesparten Essensrationen. Ansonsten käme am Ende auch noch quälender Hunger zu den Strapazen hinzu.

Die scheinen am Ende des Felds nicht enden zu wollen. Während die Spanier Juan Merediz und Fran Palacio die Hoffnung nicht aufgegeben haben, mit dem reparierten Mast ihrer „Central Lechera Asturiana“ das Rennen aus dem neuseeländischen Wellington wieder aufnehmen zu können, brach auf der „We are Water“ von Jaume Mumbrú und Cali Sanmartí (ebenfalls Spanien) in schwerem Sturm vor Kap Hoorn der Großbaum. Eine haushohe Welle zertrümmerte die Querstange, obwohl die Crew gar kein Großsegel gesetzt hatte. Der beginnende Herbst der südlichen Hemisphäre könnte für die Schlusslichter noch gefährlicher werden.

 

Zwischenstand beim Barcelona World Race am Freitagvormittag (25. März):

1. Virbac-Paprec 3: Jean-Pierre Dick / Loïck Peyron (beide Frankreich) Position versteckt
2. Mapfre: Iker Martínez / Xabi Fernández (beide Spanien) Position versteckt
3. Renault: Pachi Rivero / Antonio Piris (beide Spanien) noch 2.918 Seemeilen
4. Estrella Damm: Alex Pella / Pepe Ribes (beide Spanien) 119,6 sm zurück
5. Neutrogena: Boris Herrmann / Ryan Breymaier (Deutschland/USA) 140
6. GAES: Dee Caffari / Anna Corbella (Großbritannien/Spanien) 615,7
7. Hugo Boss: Wouter Verbraak / Andrew Meiklejohn (Die Niederlande/Neuseeland) 2.575
8. Fòrum Marítim Català: Gerard Marín / Ludovic Aglaor (Spanien/Frankreich) 2.824,1
9. We are Water: Jaume Mumbrú / Cali Sanmartí (beide Spanien) 4.552,9
10. Central Lechera Asturiana: Juan Merediz / Fran Palacio (beide Spanien) 8.631,8
Président: Jean Le Cam / Bruno García (Frankreich/Spanien) aufgegeben mit Mastbruch
Foncia: Michel Desjoyeaux / François Gabart (beide Frankreich) aufgegeben mit Mastbruch
Groupe Bel: Kito De Pavant / Sébastien Audigane (beide Frankreich) aufgegeben mit Kielschaden
Mirabaud: Dominique Wavre / Michèle Paret (Schweiz/Frankreich) aufgegeben mit Mastbruch

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