„Groupe Bel“ und Mirabaud ausgeschieden
14.03.2011 von IBN
Am Sonnabendnachmittag (12. März) erlitt die „Mirabaud“ des Schweizers Dominique Wavre, der mit seiner französischen Frau Michèle Paret segelt, im Südatlantik einen Mastbruch. Bereits am Vortag hatte die „Groupe Bel“ von Kito De Pavant und Sébastien Audigane aus Frankreich im chilenischen Ushuaia mit einem schweren Kielschaden das Rennen aufgegeben. Damit sind zwei harte Gegner der „Neutrogena“ des Deutschen Boris Herrmann und Ryan Breymaier aus den USA im Kampf um Platz fünf als erklärtem Regattaziel auf der Strecke geblieben. Das Duo lag am Sonntagvormittag (13. März) 22,7 Seemeilen vor der „Estrella Damm“ der Spanier Alex Pella und Pepe Ribes auf Rang vier. Es führt weiter die französische „Virbac-Paprec 3“ (Jean-Pierre Dick/Loïck Peyron). Mit den ersten Zieleinläufen wird Anfang April gerechnet.
Überschattet von den katastrophalen Ereignissen in Japan, die alle Teilnehmer nach dem ihnen nahen Erdbeben in Christchurch/Neuseeland noch mehr geschockt haben, ereignete sich der Unfall auf der „Mirabaud“ bei Starkwind und schwerer See. Die Crew blieb unverletzt, hatte aber alle Hände voll zu tun, damit der zunächst nur im oberen Bereich gebrochene Kohlefasermast keine Folgeschäden anrichtete. Doch das abgebrochene Stück schlug durch den Seegang wild um sich und zerstörte weitere Teile am Mast. Deshalb entschloss sich Wavre, den Großbaum als Notrigg zu sichern, und den gesamten Mast so kontrolliert wie möglich zu „fällen“. Dabei ging nur die Seereling zu Bruch, Rumpf und Deck blieben jedoch unversehrt. Sobald ein schwerer Sturm vorbeigezogen ist, der am Montag auch auf Boris Herrmann und Ryan Breymaier zukommt, soll das Notrigg gestellt werden, um einen sicheren Hafen anzulaufen. Unter Einsatz des Motors versuchte die Mannschaft, dem Schlechtwettergebiet etwas auszuweichen.
Die „Mirabaud“ befindet sich derzeit etwa 650 Seemeilen östlich von Argentinien und 400 Seemeilen nördlich der Falklandinseln. Erschwert wird die Notsituation durch die geschwächte Co-Skipperin, die sich erst langsam von einer Blutarmut erholt, die den erfahrenen Einhandweltumsegler Wavre zuvor schon mehr als eine Woche lang zwang, das Boot allein unter reduzierter Geschwindigkeit zu segeln. Dadurch war die „Mirabaud“ zurückgefallen, hatte aber ihrerseits im Zwischenklassement vom Ausfall der „Groupe Bel“ profitiert.
Der war zunächst nur als Zwangspause gedacht. Im Südpazifik hatten De Pavant und Audigane ungewöhnliche Geräusche aus der Kielsektion gehört und wollten auf Nummer sicher gehen. Doch erst im Hafen von Ushuaia offenbarte sich das Ausmaß des Schadens. Die gesamte Kielaufhängung war schwer demoliert. „Für Kito ist es besonders schade, denn er ist ein dufte Typ und hat schon so oft Pech gehabt und konnte große Regatten nicht beenden“, meine Boris Herrmann, „aber immerhin sind die beiden trocken und sicher an Land. Wir hoffen, dass Michéle und Dominique ihre missliche Lage schnell in den Griff bekommen.“
Nach den ebenfalls französischen Booten „Président“, deren Crew schon Mitte Januar bei den Kapverdischen Inseln aufgab, und der „Foncia“ Ende Januar vor Kapstadt (beide Mastbruch) sind nur noch zehn Yachten wirklich dabei, auch wenn die „Mirabaud“ offiziell noch nicht aufgegeben hat. Allerdings liegt auch die „Central Lechera Asturiana“ der beiden Spanier Juan Merediz und Fran Palacio als Schlusslicht nach einem Mastbruch nun schon seit einer Woche in Wellington/Neuseeland fest. Eine Wiederaufnahme des Rennens wird immer unwahrscheinlicher.
Wer nach der Rundung des berüchtigten Kap Hoorn gedacht hatte, das Schlimmste der Nonstop-Regatta über mehr als 25.000 Seemeilen einmal um den Globus sei geschafft, sieht sich eines Besseren belehrt. Nur eine Stunde nachdem die „Neutrogena“ das Kap erreicht hatte, erwischte es auch Herrmann und Breymaier. Das Vorstag, am dem das Solent genannte mittlere Vorsegel hochgezogen wird, brach am Mastbeschlag. Die Fock fiel ins Wasser, konnte aber schnell geborgen werden.
Zur ersten notdürftigen Reparatur steuerte die Crew in den Windschutz einer Insel und verlor dabei mehrere Stunden. Inzwischen hat das Team improvisiert und kann das Solentsegel wieder benutzen. „Damit haben wir unser Leistungspotential wieder etwas erhöht“, freute sich der 29-Jährige Herrmann, nachdem ein defekter Hydraulikzylinder am Schwenkkiel bis ins Ziel ein Handikap bedeutet. Und das war zuletzt noch 5.800 Seemeilen entfernt.
Ein Angriff auf das Podium, dessen dritten Platz die Spanier Pachi Rivero und Antonio Piris auf der „Renault“ mit fast 340 Seemeilen Vorsprung verteidigen, scheint daher ausgeschlossen. „Wir wollen nonstop bis Barcelona durchkommen“, so der geborene Oldenburger, „nichts anderes ist jetzt unser Ziel.“ Mit einem Schlag Richtung Nordwesten hat die „Neutrogena“ versucht, sich angesichts des herannahenden Sturmtiefs eine bessere Ausgangsposition zu verschaffen. Ob die Rechnung im Zweikampf mit der „Estrella Damm“ aufgeht, dürften erst die kommenden Tage zeigen, wobei der Aspekt Sicherheit dabei vorrangig war. Herrmann: „Wir sind schon von den zurückliegenden Anstrengungen beide ziemlich müde und kaputt. Es gab auch in den vergangenen 36 Stunden bei stark schwankenden Bedingungen ungezählte Segelwechsel.“
Wie dicht Wind und Flaute, Erfolg und Misserfolg beieinander liegen, zeigte nicht zuletzt das Duell an der Spitze des Felds. Immer näher war die „Mapfre“ der spanischen Olympiasieger im 49er von 2004, Iker Martínez und Xabi Fernández, auf die Spitzenreiter aufgefahren. Nur noch rund 100 Seemeilen trennten beide. Doch Dick und Peyron hatten sich cleverer zum St. Helena-Hochdruckgebiet platziert, in dessen Kern eine ausgeprägte Schwachwindzone herrscht, und bauten den Vorsprung wieder kräftig aus. Zuletzt betrug er knapp 4.000 Seemeilen vor dem Ziel 360 Seemeilen, 72 Tage nach dem Start an Sylvester vielleicht eine Vorentscheidung im Barcelona World Race 2010-2011.