Magere Bilanz der Berufsfischer
30.06.2013 von J. Delis
Zwar nicht überraschend aber doch ernüchternd fiel die statistische Bilanz der Internationalen Konferenz für die Bodenseefischerei (IBKF) für das Jahr 2012 aus, die von dem für die Regelung des Fischfanges zuständigen Gremium der drei Anrainerstaaten bei der Jahrestagung diesmal in Wasserburg vorgelegt wurde. Die 138 Berufsfischer am Bodensee haben im Vorjahr mit rund 554 Tonnen wieder ein weit unterdurchschnittliches Fangergebnis erzielt. 2012 war damit das schlechteste Fangjahr seit 1954.
Auch die rund 13.000 Angler, die für den Bodensee jährlich Patente lösen, schnitten 2012 schlecht ab. Die Intensität der Fischerei mit der Hegene hat etwas abgenommen, immerhin wurden aber noch 57 TonnenFische in die Boote gehoben. Dies bedeutet ebenfalls ein unterdurchschnittliches Ergebnis.
Der Negativrekord für die Berufsfischer stellte sich bei den Felchen ein. Die Fänge brachen gegenüber dem Vorjahr um gleich 47 Prozent ein. Der Rückgang des „Brotfisches“ trifft die Profis mit dem Netz besonders empfindlich. Die Fischart wächst infolge der von 80 mg Phosphaten noch in den 1980er Jahren auf heute nur mehr um die 6 mg gefallenen Nahrungsgrundlage weit langsamer auf die Maschenweiten, die dichten Schwärme haben sich dazu verstreut und sind so schwerer zu fangen.
Barsche ein Lichtblick
Dagegen fielen die Barschfänge 2012 deutlich besser aus als 2011. Dies ist nur relativ, und keineswegs können die Egli als zweites Standbein das Etragsdefizit bei den Felchen ausgleichen. Die Restaurants am See greifen, so die heimischen Fischer wenig anbieten können, nicht selten auf Importware zurück. Ein Schweizer Fischer ärgert sich. „Ich habe Filets in einer Größe auf den Tellern gesehen, die nie und nimmer aus dem Bodensee stammen können.“ Er habe einem Gastwirt, der ihm gelegentlich Egli abnahm, die Erlaubnis gegeben, den Namen des Fischers auf die Speisekarte zu schreiben. „Damit konnte ich dann nicht mehr einverstanden sei, das sind keine Bodenseefische. Und für die Importware gebe ich meinen Namen nicht mehr her.“
Ursachen ergründen
Die Konferenz erörterte ausführlich den Einfluss der niedrigen Nährstoffgehalte auf die fischereiliche Ertragsfähigkeit des Sees im Allgemeinen und die Felchenfischerei im Speziellen. Es müsse davon ausgegangen werden, dass sich die Berufsfischerei künftig auf noch geringere Fänge einstellen muss. Den Delegierten war klar, dass sich dadurch die bereits angespannte wirtschaftliche Lage der Berufsfischer weiter verschärfen muss. Viele versuchen mittlerweile, die Rentabilität der Fänge durch Weiterverarbeitung zu erhöhen. Nur Fische fangen und wie einst an Händler oder Veredler weiterzugeben ernährt seinen Mann längst nicht mehr. Nur vom Fischen können nur noch wenige Patentinhaber leben, die meisten legen ihre Netze nur noch als Nebenjob aus, wenn eben Fische da sind.
Auch für die Fischereiwissenschafter stellt sich eine schwierige Aufgabe. In den nächsten Jahren soll nun untersucht werden, wie sich der Nährstoffrückgang auf die Fischpopulation, besonders die Felchen, auswirkt. Spät kömmt ihr, aber ihr kömmt . . . Ob man Erkenntnisse gewinnt, wie man realistisch gegensteuern könnte, ist aber offen.
Zu viele Kormorane
Nach Meinung der Fischer ist ein Teil des Mankos auch auf die Kormorane zurückzuführen. Die Bestände der fischfressenden Vögel schwanken jahreszeitlich, sie betrugen aber bis zur 1800 Stück. In der Fußacher Bucht waren im Frühjahr Einfälle von über 1000 Kormoranen zu beobachten, im den Wintermonaten plünderten sie sogar Hafenbecken. Am Vorarlberger Ufer wurden Abwehrmaßnahmen durchgezogen, die ein Ausufern der Brutkolonie verhindern konnten. Dafür haben die Kormorane auf den Bäumen vor dem Eriskirchner Ried ein weitgehend ungestörtes Gebiet für die erfolgreiche Vermehrung gefunden. Von dort ziehen unter dem wachsenden Unmut der Fischer jeden Tag Schwärme von Kormoranen in futterreiche Zonen am See aus.
Reichlich Nachwuchs
Gerade im Vorsommer war am See zu beobachten, dass die Vermehrung der Fische im Bodensee bestens funktioniert. Fischereisachverständige beobachteten etwa am Ufer bei Rorschach kilometerlange Schwärme von kleinen Barschen. Die Millionen Brütlinge werden allerdings durch den bei Barschen üblichen Kannibalismus stark reduziert. Warum aber nicht doch eine fischereilich interessante Quote an Baschen bis zur Größe heranwächst, die in den Maschen hält, ist nicht schlüssig geklärt. Sicher ist lediglich, dass die Egli von Planktonfressern vermehrt zu Räubern wurden.
Auch die Karpfen haben sich heuer reichlich vermehrt. In den überschwemmten Schilffeldern und Wiesenstreifen vor dem Polderdamm im Rheindelta und auch in anderen Flachwasserzonen feierten Tausende Karpfen Hochzeit, manche von ihnen waren mehrere Kilo schwer. Das Schauspiel der Tiere beim Laichen zog viele erstaunte Zuseher an, die eine solche schäumende Massenhochzeit noch nie gesehen hatten.
Dies regt auch zum Nachdenken darüber an, wie auch andere Fischarten als Felchen, Egli oder Zander besser zu verwerten wären. Das Marketing für Karpfen oder Weißfische müsste verbessert werden. Gefordert sind auch die Köche, Spezialitäten aus den bisher weniger verwerteten Fischarten auf die Speisekarten zu bringen.