Mit dem Kochlöffel in der Kombüse
21.10.2010 von IBN
Beim Kochen an Bord steht an allererster Stelle die gerechte und geschickte Aufgabenverteilung. Wie in jeder anderen Gemeinschaft auch sollte nicht an einer Person die Arbeit haften bleiben. Jeder sollte einmal dran sein mit Einkaufen, Proviant an Bord schleppen, spülen, Kartoffeln schälen und natürlich dem Kochen selbst. Dabei spielt die Erfahrung gar keine so große Rolle. Denn einen Freund, einen geheimen Verführer hat man an Bord immer, ganz gleich ob am Bodensee oder auf dem Atlantik: den Hunger. Nach einem langen Segeltag sind die meisten Seebären nicht sehr wählerisch, sondern verlangen in erster Linie Sättigung. Dennoch spricht nichts dagegen, einen Törn oder einen kleinen Ausflug auch kulinarisch zu einem unvergesslichen Abenteuer zu machen.
An Bord stellt sich den meisten Crews folgendes Problem. Der Hunger ist groß, die Pantry klein. Zwar sind viele Skipper äußerst spendabel, geht es um die Ergänzung von technischen Ausrüstungsgegenständen wie Winschen oder elektronischen Instrumenten, doch bei der Einrichtung der Pantry zeigen sie sich meistens knauserig. Die zumeist zweiflammigen Kocher – in Luxusausstattung mit Backofen – sind in den seltensten Fällen dazu angetan, ein Sterne-Menü zu kochen. Und häufig wird man vergeblich nach einem geräumigen Kühlschrank Ausschau halten, ebenso wie nach zahlreichen Schapps. Dennoch müssen hungrige Seebären-Münder gestopft werden. Auch was Töpfe und Pfannen betrifft, findet der Smut sicherlich nicht die Auswahl wie in der heimischen Küche vor. Improvisieren ist also angesagt. Ist man darüber hinaus mehrere Tage ohne Landgang unterwegs, müssen die Vorräte auf engem Raum gestaut und frisch gehalten werden. Wird nicht im ruhigen Hafen gekocht, macht dem Smut mitunter auch der Seegang bei seiner Arbeit in der Kombüse zu schaffen.
Damit das Kochen an Bord trotz der erschwerten Bedingungen nicht zum Fiasko wird, sollten Sie einige Dinge beachten. Dazu gehört in erster Linie: Sparen Sie nicht an der Einrichtung Ihrer Pantry. Natürlich lassen sich Konservenbüchsen mit Hammer und Schraubenzieher öffnen. Ein Dosenöffner aber erleichtert die Arbeit ungemein. Auch Sahne lässt sich mit einer Gabel steif schlagen – ein Schneebesen erspart Muskelkater in den Armen. Sicherlich gibt es auch viel Schnickschnack für die Küche. Doch neben einigen unbedingt nötigen Utensilien wie Kochlöffel, Schöpfkelle und verschiedenen Messern, sollten Sie auch kleine Helfer wie Zitronenpresse, Käsereibe und Schneidebretter für Ihre Pantry vorsehen.
Ein weiteres Kriterium für das gute Gelingen von Mahlzeiten ist die Beschaffenheit von Töpfen und Pfannen. Billigprodukte bereiten vielleicht für kurze Zeit große Freude, doch sie werden sehen, dass sich der Griff zum hochwertigen Produkt mit der Zeit bezahlt macht. Denn gerade in der Pantry müssen Pütt und Pann einiges aushalten. Besonders bewährt hat sich an Bord der Schnellkochtopf. Mit seiner Hilfe lassen sich Garzeiten verkürzen (für Kartoffeln nur sieben anstatt 25 Minuten), und man spart Zeit und Energie. Dass sein Deckel durch den Unterdruck fest sitzt, hat gerade bei Seegang ungeahnte Vorteile...
Bei der Wahl der Töpfe empfiehlt es sich, zu dem etwas hochbordigeren Modell zu greifen, da so die Gefahr des Überschwappens gebannt wird. Als Material ist nach wie vor Edelstahl zu empfehlen, da es für gute Wärmeleistung und einfache Reinigung bekannt ist. Auch der maritime Fachhandel hält inzwischen verschiedene Angebote extra für den Gebrauch an Bord bereit. So ist beispielsweise ein „Turmkochtopf-Set", bei dem mehrere Töpfe ineinander gestapelt platzsparend aufbewahrt werden können, sehr praktisch und auch nicht allzu teuer.
Eine ganz besondere, wenn auch uralte Erfindung ist die „Kochkiste", die an Bord beste Dienste leistet. Eine „Kochkiste" ist schnell gemacht: Man füllt einen mehr oder weniger quadratischen Raum mit Isoliermaterial. Dazu eignet sich eingeweichte Zeitung, die gut in die passende Form gedrückt werden kann. Die Kiste sollte so mit Isoliermaterial ausgefüllt sein, dass ein Topf darin Platz hat, ohne zu wackeln. Auf die Kiste obendrauf wird ein Stück Styropor oder auch eine Iso-Matte gelegt. So können „angekochte" Speisen wie Reis oder Eintöpfe nachgegart werden. Einfach den heißen Topf nach einigen Minuten Kochzeit vom Herd nehmen und dann in der Kochkiste langsam gar ziehen lassen.
Auch Geschirr und Gläser sollten speziell für den Einsatz an Bord geeignet sein. Heißt soviel wie: Schöne Optik ist zweitrangig, an erster Stelle steht Zweckmäßigkeit. So ist es ratsam, Gläser aus unzerbrechlichem Acrylglas zu benutzen, auch wenn beim Anstoßen der gewisse noble Klang natürlich fehlt. Geschirr sollte ebenfalls nicht vornehmlich nach dem schönen Dekor, sondern lieber nach der Bezeichnung „unzerbrechlich" ausgewählt werden. Und auch die silberne Kaffeekanne sollte daheim bleiben und an ihrer Stelle lieber eine bruchsichere Thermoskanne mit an Bord gehen.
Sicherlich gibt es auf beinahe jedem Törn Gelegenheit, vor Ort frische Lebensmittel einzukaufen. Dennoch müssen gewisse Vorräte an Grundnahrungsmitteln an Bord genommen werden. Und diese wollen möglichst platzsparend verstaut werden Bei Tagestörns oder kleineren Ausflügen reicht es meistens, den Proviant in einer klappbaren Staubox irgendwo an einem freien Platz aufzubewahren.
Schwierig wird es bei längeren Törns mit mehreren Personen. Man macht sich keine Vorstellungen, welche Vorratsmengen eine mehrköpfige Crew benötigt. Zwar findet man fast immer eine freie Lücke für Vorräte, doch wird es auch den gemütlichsten Seebären aus der Fassung bringen, wenn er erst an seine Vorräte kommt, nachdem er den Anker samt seiner Kette aus dem Kasten geräumt hat... Um derartiges „Unheil" zu vermeiden, ist es ratsam, dass sich die Crew vor dem Törn abspricht und einen ungefähren Menüplan aufstellt. Entsprechend können dann die Vorräte gestaut werden. Lebensmittel wie Brot, Kaffee, Tee und Gewürze, die man ständig braucht, sollten in den leichter zugänglichen Schapps aufbewahrt werden. Die Reserven, der Proviant für spätere Tage und Konserven können zum Beispiel in der Bilge, unter den Kojen und in allen verfügbaren Ecken und Winkeln gelagert werden.
Sehr bewährt hat sich dabei eine Proviantliste, auf der genau aufgeführt ist, was wo aufbewahrt wird. Ansonsten passiert es schnell einmal, dass man die ganze Bilge ausräumt, um eine Dosensuppe zu suchen, die dort gar nicht liegt! Schwieriger wird es mit der Lagerung von Lebensmitteln, die gekühlt werden sollten. Grundsätzlich gilt „je frischer die Lebensmittel, die man an Bord nimmt, desto länger halten sie". Dies setzt natürlich voraus, dass zumindest eine Kühlbox vorhanden ist. Ansonsten ist die Lagerung frischer Lebensmittel sehr schwierig und bedarf aufwändiger Vorbereitungen. Deshalb soll dieser Punkt hier auch nicht weiter ausgeführt werden, da er meistens nur Langzeit- oder Extremsegler betrifft.
Im maritimen Bereich sind heute Kocher mit vier verschiedenen Brennstoffen üblich. Am gängigsten ist der Gaskocher, der am schnellsten hohe Temperaturen erzeugen kann. Mittlerweile hat Gas auch seinen Ruf als schleichende Gefahr in der Küche abgelegt. Bei genauer Beachtung der Einbauvorschriften und Einhaltung der Wartungsintervalle kann eigentlich kaum mehr etwas passieren. Gas hat jedoch aus einem ganz anderen Grund seine Tücken: Die Anschlüsse für Gasflaschen sind nicht genormt. Verlässt man also das heimische Revier, sollte man sich in den jeweiligen Ländern über die Beschaffenheit der Anschlüsse informieren und notfalls einen Adapter besorgen.
Petroleumkocher haben den Vorteil, dass ihr Brennstoff überall auf der Welt zu haben ist, allerdings in unterschiedlicher Qualität. Wer vermeiden möchte, dass der Kocher hustet, spuckt und verrußt, sollte nur doppelt gereinigtes Spezialpetroleum aus dem Fachhandel verwenden. Ist solches nicht erhältlich, sollte man den Brennstoff vorher filtern. Zu diesem Zweck empfiehlt es sich, einen Wattebausch in den Trichter zu legen. Petroleum gilt als sicherer Brennstoff, da er sehr schwer entflammbar ist.
Das wiederum hat leider den Nachteil, dass schon einige Smutjes Schweißausbrüche bekommen haben, da ihnen die etwas trickreiche Technik eine warme Mahlzeit verwehrte. Spiritus hat eine geringere Heizleistung als Gas und Petroleum, ist aber einfach zu bedienen und vor allem wartungsfrei. Es eignet sich allerdings weniger für das große Menü als vielmehr für das schnelle Erhitzen von „Sattmachern" wie Tütensuppen. Auch Diesel wird als Brennstoff in der Pantry benutzt. Kocher, die mit Diesel arbeiten, haben ein Cerankochfeld und somit den Vorteil, dass keine offene Flamme vorhanden ist. Dafür brauchen sie aber eine Art Auspuff nach draußen. Bei Krängung des Bootes kann man daher in der Kombüse eine unangenehme Überraschung erleben. Diesel als Brennstoff empfiehlt sich eher für Motorboot-Kombüsen, da diese gewöhnlich weniger krängen als Segelboote.
Als Fazit lässt sich sagen, dass Kochen an Bord eigentlich richtig Spaß machen kann. Man braucht eben ein bisschen Talent zum Improvisieren und darf sich an den etwas beengten Verhältnissen nicht stören. Und ist es für den Smut nicht das Höchste, wenn er nach schweißtreibender Arbeit in der Kombüse in die zufrieden kauenden Gesichter glücklicher Seebären blickt?